Das Humusaufbau-Projekt der Ökoregion Kaindorf sorgt nicht nur für bessere Böden und geringere CO2-Emissionen. Die beteiligten Bauern erhalten für ihreBemühungen auch ein Erfolgshonorar.
Schauen Sie hier, die vielen Regenwurmgänge. Testen Sie, wie krümelig der Boden ist.“ Ganz euphorisch zeigt uns Johann Höfler eine Bodenprobe einer Ackerfläche, die er 2007 zum Humusaufbau-Projekt angemeldet hat.
„Wir haben damals auf Anraten des Projektleiters Gerald Dunst extra die schlechteste Ackerfläche für das Projekt angemeldet“, erklärt Höfler. „Der etwa 1 ha große Acker war damals extrem verdichtet, bei großen Regenmengen war Erosion an der Tagesordnung. Entsprechend niedrig waren die Erträge.“
Humusgehalt gestiegen:
Der Landwirt bewirtschaftet mit Ehefrau Martina in Hartl bei Kaindorf einen Betrieb mit 40 ha Acker und 15 ha Wald. Weiters betreiben sie eine Hühnermast mit etwas über 25 000 Plätzen und eine 100 kW-Biogasanlage.
Der Erfolg ihrer Bemühungen: Der Humusgehalt auf den Projekt-Flächen hat sich deutlich erhöht, auf einer Parzelle von 1,3 auf 2,7 %, auf einer weiteren von 2,6 auf 4,5 %. Auf der 1 ha-Pilotfläche stieg der Humusgehalt von 2,6 % auf inzwischen 6,6 %. „Hier wurde der Humusaufbau sehr konsequent betrieben, um zu sehen, was möglich ist“, erklärt Dunst.
Ziel des Projektes ist es schließlich, den Humusaufbau und die Ökologisierung des Landbaus zu fördern. Projektleiter Dunst: „Durch eine Humusanreicherung von z. B. 3 % auf 25 cm Bodentiefe könnten 125 Tonnen CO2 pro Hektar gebunden werden.“
Höflers konnten auch den Humusgehalt auf den in den Folgejahren zum Projekt angemeldeten ca. 6 ha erhöhen. Unterm Strich binden Höflers Böden dadurch rund 80 bis 90 t CO2/ha innerhalb von zwei Jahren, wie Dunst berichtet. Wie Höflers das geschafft haben, dazu später mehr.
Doch zunächst zu der Frage, was Höflers antreibt, bei dem Projekt mitzumachen. „Wir sind grundsätzlich sehr experimentierfreudig“, erklärt Martina Höfler. Als wir von dem Projekt, durch Humusaufbau etwas für die Verbesserung unserer Böden zu tun, haben wir nicht lange gezögert.“ Johann Höfler ergänzt: „Wenn unser Aufwand dafür dann auch noch mit einem Erfolgshonorar beglichen wird, um so besser.“
30 € pro t gebundenes CO2:
Bei dem Humusprojekt zahlt nämlich die Ökoregion Kaindorf den beteiligten Landwirten 30 € pro t nachweislich im Boden gebundenes CO2. Karner: „Das Geld stammt von Unternehmen, die freiwillig ihren innerbetrieblich nicht vermeidbaren CO2-Überschuss durch den Kauf von Zertifikaten kompensieren. Dafür bezahlen sie 45 €/t CO2 an die Ökoregion Kaindorf.“ Es handle sich dabei um Unternehmen, die eh schon versuchen, den CO2-Ausstoß zu verringern. „Aber das, was fehlt, um klimaneutral zu werden, kaufen sie halt bei uns zu“, so Karner.
Dazu gehören regionale Firmen, z. B. die Malerei Herbsthofer in Kaindorf. Diese hat sich 2008 zum Ziel gesetzt, ein klimaneutraler Malerbetrieb zu werden. 2010 erreichte Herbsthofer dieses Ziel. Damit ist er der erste klimaneutrale Malerbetrieb Europas. Warum und wie Herbsthofer dabei vorgegangen ist, können Sie auf www.herbsthofer.com nachlesen. Neben den regionalen gibt es bereits auch einige überregionale Unternehmen, die CO2-Zertifikate bei der Ökoregion Kaindorf zukaufen. Dazu zählen z. B. die Fa. Sonnentor und seit Kurzem auch der Diskonter Hofer. Letzterer kauft seit heuer jährlich CO2-Zertifikate über eine Menge von 3 000 t bei der Ökoregion.
Brauchen mehr Tonnen CO2:
„Natürlich hätten wir uns zu Projektbeginn 2007 nicht vorstellen können, dass der Zertifikatehandel so gut angenommen wird“, erklärt Gerald Dunst. Inzwischen ist die Nachfrage nach CO2-Zertifikaten deutlich höher als die Menge, die von Bauern durch Humusvermehrung gebunden wird. „Wir brauchen dringend mehr Tonnen CO2“, ruft Thomas Karner Bauern zu, sich an dem Projekt zu beteiligen. „Der Landwirt hat zwei wesentliche Vorteile davon: Er steigert den Wert und die Qualität seiner Böden und er bekommt zudem Geld für den Humusaufbau“, so der Geschäftsführer der Ökoregion Kaindorf.
Zu Beginn des Projektes war es für die Pioniere der Ökoregion auch nicht leicht, das Umfeld von der Idee zu überzeugen. „Bis etwa 2015 gab es fortlaufend Kritik an unserem Projekt“, berichtet Gerald Dunst. „Von verschiedenen Ämtern ist uns vorgeworfen worden, mit der Kompostausbringung die Stickstoffauswaschung zu erhöhen und das Grundwasser zu verschmutzen. Doch wir konnten mit konkreten Daten aus Bodenproben das genaue Gegenteil beweisen. Das hat dazu geführt, dass es seit 2015 einen regelrechten Umschwung gibt.“
Geschäftsführer Karner belegt dies mit Zahlen: Die Ackerfläche, die von derzeit rund 120 Landwirten in ganz Österreich im Zuge des Humusaufbauprogramms nachhaltig bewirtschaftet wird, ist allein im vergangenen Jahr auf mehr als 1 300 Hektar verdoppelt worden. Und die Anzahl der Humuslandwirte ist seit Jahreswechsel 2015/2016 um 26 % gestiegen. „Seit 2010 haben wir bereits 5 200 t im Boden gebundenes CO2 von den Landwirten zugekauft“, weiß Karner.
LK Steiermark jetzt mit im Boot:
Aber der Geschäftsführer weiß auch, dass nur etwa 20 Betriebe aus der Region Kaindorf beim Projekt mitmachen. Der Großteil stammt aus Nieder- und Oberösterreich. Karner zitiert in diesem Zusammenhang ein altes Sprichwort: „Der Prophet im eigenen Land zählt nicht viel.“
Aber er ist guter Hoffnung, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern wird. Mit dazu beitragen sollte, dass man seit diesem Frühjahr auch die Landwirtschaftskammer Steiermark ins Boot holen konnte. „Früher gab es noch gewisse Berührungsängste, die sind inzwischen weitgehend verflogen“, so Karner. „Vor allem die fast zehnjährige Datengrundlage aus dem Humusprojekt weiß die Kammer zu schätzen. Schließlich betreiben wir seit 2007 eine Datenbank aller Teilnehmer mit Bodenproben.“
Denn alle Maßnahmen, die die beteiligten Landwirte in dem Projekt durchführen, müssen sie in einem so genannten Humustagebuch festhalten. Damit kommen wir zu dem Punkt, was die beteiligten Landwirte tun, um den Humusgehalt ihrer Böden zu steigern. Grundsätzlich wird der Humusgehalt des Ackerbodens neben dem Ausgangsgestein und dem vorherrschenden Klima maßgeblich von der Art der Bewirtschaftung beeinflusst. Um den Humusaufbau zu fördern, kommen dabei mehrere Maßnahmen in Betracht:
- Düngung mit Kompost, sprich fertigem Humus: Kompost trägt am stärksten zum Aufbau bei. So haben Johann und Martina Höfler im ersten Projektjahr auf ihrer Muster-Fläche konsequent 100 m3 Kompost pro ha ausgebracht.
- Anbau von Begrünungen: Vor allem Leguminosen sind für diesen Zweck günstig, da dabei gleichzeitig Stickstoff gebunden und Humus aufgebaut werden kann. Höflers setzen hier z. B. auf Landsberger Gemenge. Die Begrünungen können Höflers zudem gut in der eigenen Biogasanlage verwerten.
- Einsatz von Wirtschaftsdüngern: Die Biogasgülle wiederum setzen Höflers auch auf den Humusaufbau-Flächen ein. Aktuell laufen in der Ökoregion übrigens Düngungs-Versuche mit einem Gemisch aus Gülle und Kohle, die erfolgversprechend sind (siehe Kasten links).
- Minimale Bodenbearbeitung: Je weniger der Boden bearbeitet ist, desto geringer ist der Sauerstoffeintrag und desto stabiler bleibt der aufgebaute Humus bestehen. Dazu Johann Höfler: „Wir setzen auf den Humusaufbau-Flächen keinen Pflug mehr ein. Stattdessen bearbeiten wir mit Grubber, Kreisel- bzw. Scheibenegge.“ Nach Auswertungen von Gerald Dunst werden der Aufwand für die Bodenbearbeitung sowie der Spritverbrauch deutlich reduziert.
- Fruchtfolge, Mischkulturen: Mit mehr Pflanzenvielfalt in der Fruchtfolge erhöht man auch die Wurzelvielfalt und die Stabilität in der Mikrobiologie. Positiv für den Humusaufbau ist auch der gleichzeitige Anbau von mehreren Kulturen, die gleichzeitig wachsen können und sich gegenseitig positiv beeinflussen. Beispiele sind Mais und Käferbohne oder Weizen und Leindotter oder auch Sonnenblumen und Buchweizen.
Stabile Biologie ab 4,5 % Humus:
Als wichtige sichtbare Ergebnisse ihrer Bemühungen halten Höflers fest: „Die Böden sind viel krümeliger als früher geworden, die Wasserhaltefähigkeit hat sich deutlich erhöht.“ Besonders auffällig sind die Fortschritte auf der Versuchsfläche, deren Humusgehalt heute um 4 % höher liegt als im Ausgangsjahr 2007. Höfler: „Hier hat sich aus einem schweren, lehmigen kaum bearbeitbaren ein extrem krümeliger Boden mit einer 20 cm dicken, schönen Ackerkrume entwickelt.“
Auf den Humusflächen haben sich laut Höfler auch die Abschwemmungen minimiert. Das gelte selbst für die Hanglagen. „Und in Trockenperioden sind durch die bessere Wasserverfügbarkeit die Ernten sicherer als auf den anderen Flächen“, so der Landwirt.
Zu beachten sei allerdings auch, dass der Unkrautdruck auf diesen Flächen sehr wohl ein Thema ist, da ja möglichst nicht gespritzt werden sollte. „Gerade an den Hangflächen ist die mechanische Bekämpfung eher schwierig“, weiß Höfler. „Beim Weizen ignorieren wir dies, soll halt etwas Unkraut mitwachsen. Nur beim Mais müssen wir spritzen.“
Höfler hat festgestellt, dass Ertragseinbußen in den ersten Jahren ganz normal sind. In diesem Zusammenhang ist ihm wichtig zu erwähnen: „Die Umstellung bedeutet, dass man sich ganz bewusst mit der Natur auseinandersetzen muss. Davon hängt am Anfang viel ab.“ Gerald Dunst ergänzt: „Gerade in den ersten drei Jahren brauchen die Pflanzen zusätzlich verfügbaren Stickstoff. Wenn ein Humusgehalt von etwa 4,5 % erreicht ist, stellt sich eine stabile Bodenbiologie ein.“ Wobei Dunst anmerkt: „Nach oben sind beim Humusgehalt kaum Grenzen gesetzt. Wir haben Betriebe dabei, die inzwischen Böden mit 7 % Humusgehalt bewirtschaften.“
Wie sind Ablauf und Kontrolle?
Bei Projektstart nimmt ein Sachverständiger Bodenproben. Anschließend analysiert ein Labor die Proben (Anfangsuntersuchung). Nach einem (vom Landwirt frei wählbaren) Zeitrahmen von 2 bis 5 Jahren wird vom selben Sachverständigen eine weitere Probe entnommen, der zusätzlich aufgebaute Humus ermittelt und auf CO2-Mengen umgerechnet.
Nach der Auszahlung der Zertifikatgelder muss der Landwirt garantieren, dass der erhöhte Humusgehalt zumindest fünf Jahre stabil bleibt. Karner: „Dies wird anhand der dritten (Kon-troll-)Untersuchung auch überprüft.“ Der teilnehmende Landwirt verpflichtet sich zu einer Humusanreicherung von zumindest umgerechnet 17 Tonnen CO2 innerhalb von fünf Jahren – dies entspricht einer Anreicherung um rund 0,3 Prozentpunkte. Über die gesamte Zeit hinweg muss der Landwirt ein Humustagebuch führen, in die er seine Maßnahmen zum Humusaufbau einträgt.
Der Zertifikatshandel wird online über eine eigene Software abgewickelt. Der Landwirt kann jederzeit online die Daten seines Grundstücks sowie die dazugehörige Empfehlung abrufen. Die Firmen, die Zertifikate gekauft haben, können jederzeit online Einsicht nehmen.
„Für die an dem Projekt beteiligten Landwirte ist mit der Auszahlung der 30 €/t der zusätzliche Aufwand für den Humusaufbau abgedeckt“, hat Gerald Dunst nach Erhebung der genauen Kosten ermittelt. „Der Reingewinn für den Landwirt besteht in der nachhaltigen Verbesserung seiner Böden.“ Das können Johann und Martina Höfler bestätigen: „Der größte Kostenfaktor war am Anfang natürlich der Kompost. Inzwischen haben wir aber bereits insgesamt 17 000 € ausbezahlt bekommen. Damit sind unsere Kosten für den Humusaufbau allemal gedeckt. Mindestens genauso wichtig ist aber, dass die Böden auf diesen Fläche viel besser geworden sind und stabile Erträge bringen.“