Im Raps zählt nicht nur die erste Stickstoffgabe. Lesen Sie in diesem Beitrag, welche Maßnahmen für die Ertragsdüngung entscheidend sind.
Mit der Stickstoff-Startgabe im Februar bzw. März nahmen wir auf die Regeneration der Rapsbestände und den Ansatz von Seitentrieben Einfluss.
Mit der N-Düngung in die Streckung der Sprossachse des Rapses werden die Schotenzahl und die spätere Kornzahl je Schote abgesichert. Die N-Aufnahme zwischen Beginn der Streckung der untersten Seitentriebe und Ende der Blüte korreliert eng mit der Anzahl der Samenkörner, die pro m² oder Hektar gebildet werden können und damit mit dem erreichbaren Ertragsniveau. Der N-Entzug durch die Samenkörner kann anhand der Ertragsleistung durch Multiplikation mit dem Faktor 4 ermittelt werden. Dieser Faktor ergibt sich überschlägig aus dem Rohproteingehalt (23 %), welcher durch den Eiweiß-Umrechnungsfaktor 5,85 geteilt wird.
Rapsstängel, Blätter und Wurzeln enthalten zu Beginn der Blüte 150 bis 220 kg/ha N. Gut die Hälfte dieses Stickstoffs wird während der Blüte und Reife in die Schoten und Samenkörner verlagert. Je nach Bestandesdichte und Abreife des Strohs werden im Stroh und in den Wurzeln noch 70 bis 110 kg/ha N zur Ernte gemessen. Diesen Stickstoff kann die Folgefrucht nutzen.
Wie viel N braucht Raps?
Der N-Gesamtentzug (kg/ha N) des Winterrapses ergibt sich aus dem Bedarf von Schoten und Körnern und dem Entzug durch Rapsstroh und Wurzel.
Der Raps kann den Stickstoff im Boden nicht zu 100 % ausnutzen. Ein Reststickstoff bleibt nach der Ernte immer im Boden. Diesen Reststickstoff müssen wir berücksichtigen. Wie viel Reststickstoff im Boden bleibt, hängt von der Bindigkeit des Bodens, also von Bodenart und den Tonmineralen und von der Feuchtigkeit des Bodens ab. Je bindiger und je trockener der Boden ist, umso mehr Reststickstoff bleibt im Boden. Aus N-Entzug plus Reststickstoff im Boden errechnet sich der N-Gesamtbedarf eines Rapsbestandes. Von diesem N-Gesamtbedarf wird die N-Menge abgezogen, die der Raps vor dem Winter aufgenommen hat. Der in abgefrorenen Blättern enthaltene Stickstoff wird dabei zu 70 % angerechnet. Als Ergebnis erhalten wir den N-Bedarf im Frühjahr.
N-Düngebedarf errechnen:
Für die Berechnung der N-Düngung im Frühjahr, um den N-Bedarf zu decken, müssen zudem berücksichtigt werden: Der im Boden noch vorliegende Vorrat an mineralischem Stickstoff (Nmin) und die voraussichtliche N-Freisetzung aus Humus und Ernterückständen (Nmob).
Ebenfalls zu berücksichtigen ist der mineralisierbare Stickstoff aus der organischen Düngung im Herbst. Der Ammonium-Anteil in der organischen Düngung wurde entweder durch den Raps aufgenommen oder liegt als Nmin vor, sofern er nicht nitrifiziert und ausgewaschen wurde.
Die Höhe der nach der Startgabe zur Streckung noch notwendigen N-Düngung ergibt sich aus der Differenz zwischen dem N-Düngungsbedarf im Frühjahr und der bereits gefallenen Startgabe.
Wann für Ertrag düngen?
Der effektivste Termin für die Ertragsdüngung ist, wenn der Spross zwischen 10 und 15 cm lang ist und die ältesten Blätter entweder schon abgefallen sind oder vergilben.
Der Stickstoff fließt dann nicht mehr in die Blätter, sondern verstärkt in die Knospen von Haupt- und Nebentrieben. Wurde zum Starten bereits mehr Stickstoff gedüngt, als der Raps bis zur Streckung aufnehmen kann, kann man die Restmenge von 30 bis 50 kg/ha N als AHL oder Harnstoff in die Knospe bzw. auch noch in die Blüte spritzen. Auf die Knospe können 100 bis 120 l/ha AHL pur mit Flachstrahldüsen gespritzt werden, ohne dass Verätzungen zu befürchten sind.
Alternativ kann AHL und Wasser im Verhältnis 1 : 3 (Knospe) bzw. 1 : 5 (Blüte) gespritzt werden, wenn die Düngung mit Pflanzenschutzmaßnahmen kombiniert werden soll: Z. B. 50 l/ha AHL (= 18 kg/ha N) + 150 l/ha Wasser in die Knospe bzw. 40 l/ha AHL (= 15 kg/ha N) + 200 l/ha Wasser in die Blüte.
Die N-Spritzung in die Blüte ist vor allem bei hoher Ertragserwartung notwendig: Innerhalb von 10 Tagen nach Beginn der Blüte muss ein Rapsbestand gut 100 kg/ha N in die Schoten einlagern.
Das ist allein durch die N-Aufnahme aus dem Boden nicht zu schaffen. Der größere Teil des Stickstoffs (50 bis 60 %) muss durch Umlagerung aus Stängel und Blätter in die Schoten gelangen. Durch die Knospen- und Blütendüngung wird verhindert, dass der Raps Knospen und Schoten vorzeitig abwirft.
Standort entscheidet mit:
Die Höhe der N-Ertragsdüngung richtet sich neben dem Ertragsziel, der Pflanzenanzahl, der Höhe der ersten N-Gabe und den weiteren angeführten Parametern auch nach dem Standort.
In Übersicht 3 sind Rechenbeispiele für den N-Bedarf in Raps angeführt. Folgende drei Standorte dienen dafür als Grundlage:
Standort im oö. Mühlviertel:
Standort im nö. Marchfeld:
Standort im südlichen Burgenland:
AHL auf Knospe und Blüte:
Aus den vorliegenden Fakten lässt sich folgende Zusammenfassung für die diesjährige N-Ertragsdüngung im Raps ableiten:
- Die Rapsbestände sind weitgehend gut aus dem Winter gekommen. Wenn nicht extreme Wettereinflüsse wie Spätfröste in die Blüte, Hagel oder Trockenheit eintreten, ist trotz der oft schlechten Bestellbedingungen mit einem zumindest durchschnittlichen Ertrag zu rechnen.
- Aufgrund des über den Winter hinweg anhaltenden Wachstums hat der Raps zwischen 30 und 50 kg/ha N mehr aufgenommen, die bei der N-Düngung im Frühjahr berücksichtigt werden müssen.
- Die Nmin-Vorräte liegen dagegen aufgrund der hohen Erträge der Vorfrüchte, der Nässe im Sommer und des hohen Entzuges durch den Raps im Herbst um 10 bis 30 kg/ha N niedriger als in den Vorjahren.
- Die Nachlieferung an Stickstoff aus dem Boden wird aufgrund der fehlenden Frostgare und der im Herbst bereits erfolgten N-Freisetzung aus der schnell abbaubaren organischen Substanz um 20 bis 30 % geringer ausfallen.
- Insgesamt ist somit der N-Düngungsbedarf nicht viel niedriger als in den Vorjahren, allerdings verschiebt sich der N-Bedarf stärker in die Schossphase hinein. Während die Startgabe um 20 bis 50 kg/ha N niedriger ausfallen konnte, müssen in der Schossphase zwischen 30 und 40 kg/ha N mehr gedüngt werden.
- Es bietet sich an, den Mehrbedarf an Stickstoff in der Schossphase als AHL oder Harnstoff auf die Knospe und in die Blüte zu spritzen.
Dr. Hansgeorg Schönberger,
N.U. Agrar GmbH