Die Soja-Züchter bringen laufend neue Sorten auf den Markt. Wie diese im Vergleich zu den bewährten Sorten abschneiden, erklärt Klemens Mechlter von der AGES.
Die Sojabohnenzüchtung der letzten Jahre führte zu Sorten mit unterschiedlichen Qualitätsprofilen und auch zu einer breiteren Auswahl bei der Reifezeit. Aktuell sind Sorten der Reifegruppe 0000 bis 0 registriert. Die meisten Listungen enthalten die 000- und 00-Reifegruppen.
Gute Auswahl bei früh bis spät:
In der Sortenbeschreibung wird bei der Abreife auch noch innerhalb der Reifegruppe differenziert: Den sehr frühen 0000-Sorten ist die Reife-Ausprägungsstufe (APS) 1, 000-Sorten die Reife-APS 2 bis 4, 00-Sorten die Reife-APS 5 bis 7 und den späten 0-Sorten sind die Reife-APS 8 und 9 zugeordnet.
Die rechtzeitige Abreife gewinnt beim Anbau außerhalb der Gunstlagen im Weinviertel, Nord- und Südburgenland und im Westen eventuell noch der Linzer Zentralraum an Bedeutung. Späte 00-Sorten und insbesondere 0-Sorten kommen eher nur für die warmen Lagen im Osten in Betracht.
Früher reifende Sorten erbringen bei gleichen Anbaubedingungen infolge der kürzeren Vegetationszeit in der Regel geringere Ertragsleistungen als später reifende. Der frühere Erntetermin ist dabei gegen die erwartbaren Mehrerträge späterer Sorten abzuwägen.
Bei einem Vergleich der Relativerträge über die Reifegruppen hinweg ist das jeweilige Standardmittel zu beachten. Für die Suche nach geeigneten Sorten wird auch auf den AGES-Sortenfinder als Agrar-Online-Tool verwiesen.
Die Neuregistrierungen 2016:
GL Melanie mit hellem Nabel erweitert das Sortiment der frühen 000-Sorten (Reife-APS 2).
GL Melanie übertrifft bis auf Obélix die Sorten mit ähnlicher Abreife im Kornertrag (Abelina, Alexa, Merlin). Protein- und Ölgehalt liegen im mittleren Bereich. Die Jugendentwicklung ist rasch, die Wuchshöhe mittel und die Standfestigkeit mittel bis gut. Erwähnenswert sind die gute Virustoleranz und die gute Hülsenplatzfestigkeit. Trotz der frühen Abreife war auch im trockenheißen Sommer 2015 kaum Kornausfall zu festzustellen.
Toutatis mit dunklem Nabel reift etwas nach den frühesten 000-Sorten. Toutatis ist zudem sehr gut bis gut standfest und hat einen hohen Ölgehalt. Im Alpenvorland bleibt Toutatis im Kornertrag bis auf Sultana unter den Sorten ähnlicher Reifezeit (Reife-APS 3). Im südlichen Anbaugebiet, wo gute Standfestigkeit meist gefordert ist, liegt Toutatis im Korn- und Ölertrag bei diesen Sorten nach Galice an zweiter Stelle. Toutatis ist raschwüchsig bei einer mittleren Wuchshöhe. Die Anfälligkeit für Sclerotinia und Virosen ist gering. Auf eine baldige Ernte nach der Reife ist zu achten (Kornausfall-APS 4).
Regina mit dunklem Nabel reift als 000-Sorte ähnlich ab wie Sultana. Regina zeigt solide Ertragsleistungen im gesamten 000-Anbaugebiet. Mit dem hohen Proteingehalt erbringt Regina die höchsten Proteinerträge im mittleren Reifesegment (Reife-APS 3) der 000-Sorten. Die großkörnige Regina ist rasch im Jugendwachstum und zeigt mittelkurzen Wuchs bei mittelguter Standfestigkeit. Mit Ausnahme der guten Virustoleranz ist Regina für Krankheiten mittel anfällig. Bei trockenwarmer Abreifewitterung kann Kornausfall auftreten.
Ancona ist eine dunkelnabelige 000-Sorte mit einem ähnlichen Abreifeverhalten wie Galice, Sultana oder Viola. Ancona ist mit dem hohen Ölgehalt und dem mittleren bis niedrigen Proteingehalt im Qualitätsprofil Toutatis ähnlich. Die großkörnige Ancona übertrifft im Alpenvorland die Sorten gleicher Reife im Korn- und Ölertrag deutlich. Im Süden und Südosten liegt Ancona auch im Ölertrag überdurch-schnittlich gut zu den Sorten ihrer Reifeeinstufung, Galice wird hier nicht erreicht. Ancona ist raschwüchsig und mittelhoch bei mittlerer bis geringer Standfestigkeit. Hinzuweisen ist auf die sehr gute bis gute Virustoleranz und Hülsenplatzfestigkeit.
Neue 0-Sorte:
Antonia, hellnabelig, reift als späte 000-Sorte (Reife-APS 4) ähnlich ab wie Amadea, RGT Shouna oder SY Livius. Im bislang dreijährigen Mittel erreicht die sehr großkörnige Antonia gute Korn- und Proteinerträge (112 % bzw. 110 %) im Alpenvorland, in den südöstlichen Anbaulagen liegt Antonia ertraglich im Mittelfeld der späten 000-Sorten. Das Jugendwachstum ist rasch, der Wuchs mittelhoch und die Standfestigkeit mittel. Antonia ist für Sclerotinia mittel bis gering und für Virosen gering anfällig.
Bettina, hellnabelig, ist eine späte 000-Sorte mit sehr hohem Ertragspotenzial. In den dreijährigen Versuchsdaten übertrifft die großkörnige Bettina ähnlich abreifende und erst recht früher reifende Sorten der 000-Gruppe sowohl im Alpenvorland als auch im südlichen Anbaugebiet im Kornertrag deutlich. Die Mehrleistungen im Ölertrag liegen bei dem hohen Ölgehalt noch höher. Der Proteingehalt ist mittel bis niedrig. Dennoch kommen im Proteinertrag an Bettina nur Amadea oder SY Livius im Südosten heran. Bettina ist rasch in der Jugendentwicklung, mittelhoch und mittel bis gut standfest. Die Toleranz gegenüber Virosen ist gut.
SGSR Picor reift als 0-Sorte spät und empfiehlt sich damit eher für Gunstlagen. Mit dem hellen Nabel, dem großen Korn und dem guten Proteingehalt kommt SGSR Picor auch für den Speisesojasektor in Frage. Bisher waren für diese Reifegruppe nur Silvia PZO und seit Ende 2015 auch DH4173 gelistet. In den südostösterreichischen Anbaulagen ist SGSR Picor diesen beiden Sorten im Korn-, Protein- und Ölertrag überlegen. Die Sorte ist sehr rasch bis rasch im Jugendwachstum und hoch im Wuchs bei mittlerer bis geringer Standfestigkeit. Die Anfälligkeit für Peronospora und Samenflecken ist gering bis mittel.
Eine 000-, vier 00- und eine 0-Sorte haben die Sortenwertprüfungen 2016 abgeschlossen und könnten bei Vorliegen positiver Registerprüfungsergebnisse noch vor der Sojabohnenaussaat 2017 in die österreichische Sortenliste aufgenommen werden. Informationen über Neuzugänge werden auf der BAES-Homepage laufend aktualisiert.
Aktuelle Sorten-Tipps:
Unter den Listungen der letzten Jahre, gereiht nach zunehmender Reifezeit, ist Abelina sehr rasch bis rasch in der Jugendentwicklung und eignet sich für Anbaulagen, wo in erster Linie eine rechtzeitige Abreife gefragt ist. Auf die mittlere bis geringe Standfestigkeit ist zu achten, ertraglich wird Merlin übertroffen.
Obélix, ebenso früh reifend und mit guter Standfestigkeit, erbringt gute Ertragsleistungen im Alpenvorland.
Die gut virustolerante und standfeste Alexa übertrifft die Sorten gleicher Reife (APS 2) in den südöstlichen Anbaulagen. In dieser Region erreicht Galice (Reife-APS 3) deutliche Mehrleistungen im Korn- und bei dem hohen Ölgehalt besonders im Ölertrag.
Standfestigkeit beachten:
Viola mit hellem Nabel, gutem Proteingehalt aber eher kleinerem Korn realisiert solide Erträge im gesamten 000-Anbaugebiet, die Standfestigkeit (APS 6) ist bei reichlichen Niederschlägen mangelhaft.
Unter den späten 000-Sorten (Reife-APS 4) erreichen Amadea, SY Livius, beide mit hellem Nabel, sowie RGT Shouna und Tourmaline in beiden Anbauregionen Kornerträge deutlich über dem Standardmittel. Die großkörnige SY Livius mit gutem Proteingehalt weist zudem eine gute Sclerotiniatoleranz auf.
In der 00-Gruppe gab es zuletzt weniger Neuzugänge. Die kurze, standfeste und virustolerante ES Tenor erbrachte als frühe 00-Sorte (Reife-APS 5) bislang gute Ertragsleistungen im Beregnungsgebiet und im Südosten. Lenka (Reife-APS 6), raschwüchsig, hellnabelig, großkörnig, hoch im Proteingehalt und in den Proteinerträgen empfiehlt sich für die Verarbeitung zu Speisesojaprodukten. Naya und ES Mentor sind ebenfalls standfest, hellnabelig, großkörnig. Sie verfügen über einen guten Proteingehalt und eine gute Sclerotinatoleranz. Für die Lebensmittelherstellung ist bei Naya auf die mittlere Samenfleckenbildung hinzuweisen.
Sigalia (Reife-APS 6) entspricht ertraglich besonders auch im Beregnungsgebiet. Sinara (Reife-APS 7) und die noch später reifenden 0-Sorten (Reife-APS 8) kommen im Hinblick auf eine sichere Abreife für Gunstlagen in Betracht. Silvia PZO hat einen hohen Ölgehalt. DH4173 zeigt durchwegs geringe Krankheitsanfälligkeiten und bringt, abgesehen von der mittleren Neigung zu Samenflecken, gute Voraussetzungen für die Speisesojaherstellung mit.
Der mittlere jährliche Ertragszuwachs auf Basis von Praxisdaten liegt bei Sojabohne über die letzten 25 Jahre – unter Einbeziehung der schwächeren Ernten aus 2013 und 2015 – bei etwa 26 kg/ha.
Rekordernte in 2016:
2016 wurde mit über 150 000 t Sojabohnen von knapp 50 000 ha dank der ausreichenden und gut verteilten Regenfälle eine österreichische Rekordernte erreicht. Der österreichische Durchschnittsertrag von 30,6 dt/ha stellt ebenfalls einen Spitzenwert dar (Werte laut Statistik Austria).
Gute Ertragsleistungen – in Kombination mit früher Reife – und insbesondere Ertragsstabilität (Standfestigkeit, Krankheiten) bleiben bei Sojabohne weiterhin vorrangige Zuchtziele.