Auf zu Trockenheit neigenden Böden sollten Sie Sorten mit nicht zu später Reife wählen. Auf anderen Standorten spielt die Krankheitsresistenz eine große Rolle. Welche Sorte passt für Ihre Region?
Die Wintergerste brachte heuer meist zufriedenstellende bis gute Ergebnisse. Auf geringen Böden im Osten wurden Bestände durch Wassermangel örtlich aber notreif. Hier ist Sorten mit nicht zu später Reife, günstiger Kornqualität und höherem Hektolitergewicht der Vorzug zu geben. Im Alpenvorland und der Oststeiermark waren eine knappe Stickstoffgabe und angepasste Wuchsregulierung sowie das richtig terminierte Fungizid gegen die Ramularia-Sprenkelkrankheit oft wesentlich für den Erfolg.
Virusgefahr im Osten größer
In einem milden Herbst gefährden die von Blattläusen und Zikaden übertragenen Verzwergungsviren die Wintergerste, insbesondere im östlichen Anbaugebiet. Um den Viren entgegenzuwirken, sollten Sie eine frühe Saat vermeiden, eine entsprechende Sorte wählen oder bei Bedarf ein Insektizid gegen Blattläuse spritzen.
Im pannonischen Gebiet, im Alpenvorland und in den südöstlichen Landesteilen verschieben Sie bei anhaltend warmen Temperaturen und erhöhter Virusgefahr den Sätermin nach hinten. Ab Mitte Oktober ist es für eine größere Aktivität der Blattläuse meist schon zu kühl.
Verwenden Sie eine Sorte mit Resistenz gegen das Gelbverzwergungsvirus, dies ist eine umweltschonende Maßnahme. Die mehrzeiligen LG Zebra und Paradies sowie die zweizeilige Milena besitzen dieses Ryd2-Gen. Weiters werden die mehrzeiligen EU-Sorten Novira und Sensation angeboten. Gegen das von Zikaden übertragene und die Gerste ebenfalls schädigende Weizenverzwergungsvirus sind aktuell keine Resistenzen verfügbar.
Leistungsfähige zweizeilige
Auf viehhaltenden Betrieben mit regelmäßiger organischer Düngung sind standfeste Gersten gefragt. Die in den letzten Jahren registrierten ertragsstarken Zweizeiligen sind allerdings weniger stabil als die älteren Sorten Hannelore und SU Vireni. Eine Wuchsregulierung wird demnach öfter nötig sein.
Die mittel standfeste LG Campus ist leistungsfähig und hat in allen Anbaugebieten gut abgeschnitten. SU Xandora reift einige Tage früher, weist ein ähnliches Ertragspotenzial auf und das Stroh bricht auch in der Vollreife nicht zusammen.
Die rotgrannige Bordeaux ist mittelgut standfest und in Ostösterreich sowie im Alpenvorland vergleichsweise ertragsstabil. SU Xandora und Bordeaux verlangen dichte Bestände, eine kräftige Vorwinterentwicklung ist anzustreben. SU Laubella zählt zu den ertragstreueren Züchtungen, ist mittel standfest und für alle Regionen geeignet.
Auch Bianca hat überzeugt, sie erzielt ihren Ertrag mit mittlerer Bestandesdichte. Aufgrund ihrer Neigung zum Ährenknicken soll sie in der Totreife nicht lange am Feld verbleiben. Lentia und Zita werden für sämtliche Standorte angeboten, die rauere Spelze drückt den energetischen Futterwert. Dank ihrer guten Kornqualität wird Sandra weiterhin stark nachgefragt, ertraglich liegt sie bereits etwas zurück. Die gegen das Gelbverzwergungsvirus tolerante Milena bietet sich für die pannonische Region an, hier reicht die knappe Standfestigkeit zumeist aus.
Neues bei Winterbraugerste
Die Winterbraugerste steht überwiegend auf mittleren und tiefgründigen Böden Ostösterreichs. An diese Bedingungen sind die Sorten gut adaptiert, sie schaffen einen Kornertrag wie manche zweizeilige Futtergerste. Die österreichischen Mälzereien beabsichtigen, von der Ernte 2023 etwa 86000 t Winterbraugerste zu übernehmen.
Bei der Hauptsorte KWS Donau ist der hohe Vollgerstenanteil ein Pluspunkt, damit erreicht sie auch nach Einwirken von Dürrestress meist noch eine braufähige Ware. Die wenig später reifende und etwas standfestere Monroe ist ähnlich ertragsfähig. Von der neuen Sorte Sonja gibt es erstmals größere Saatgutmengen. Sie vereint eine gute Kornausbildung mit einem mittleren Proteingehalt. Die frühreife KWS Amaris und die noch nicht registrierte Piroska sind derzeit in großtechnischer Erprobung durch die STAMAG Stadlauer Malzfabrik.
Mehrzeilige Gersten
Mehrzeilige Sorten haben ihren Schwerpunkt auf Böden mit gesicherter Wasserversorgung. Die mittel standfeste Carioca hat im heurigen Jahr wiederum gut entsprochen, ihre relativ besten Leistungen bringt sie im Feuchtgebiet.
Die ebenfalls mittel standfeste Venezia vereint eine überdurchschnittliche Blattgesundheit mit überzeugendem Ertragspotenzial, das Hektolitergewicht ist geringer ausgeprägt. Die trotz des längeren Wuchses mittelgut standfesten Sorten Journey und SU Jule haben sich allgemein bewährt. Beide sind charakteristische Einzelährentypen, sie schöpfen das standörtliche Potenzial bereits mit 500 bis 600 Ähren/m2 aus.
Adalina reift einige Tage früher und kombiniert eine mittlere Wuchshöhe mit überdurchschnittlicher Standfestigkeit und günstigem Hektolitergewicht. Die standfeste und auch in der Totreife noch strohstabile LG Zebra ist tolerant gegen das Gelbverzwergungsvirus. KWS Tonic ist mittelgut standfest und hauptsächlich für das Alpenvorland gedacht. Hingegen hat die mittelfrüh reifende Finola ihren Schwerpunkt in Ostösterreich. Selbst bei verspäteter Ernte neigt sie kaum zum Halm- und Ährenknicken.
Paradies kann durch ihre Wüchsigkeit Unkräuter effektiver konkurrenzieren und hat ihren Platz auf Biobetrieben. Die Toleranz gegen die viröse Gelbverzwergung bringt Anbausicherheit. Die mäßige Standfestigkeit und Strohstabilität sind zu beachten.
Die in die Hybridgersten gesetzten hohen Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Zwar sind die Hybriden durchaus leistungsfähig, übertreffen moderne mehrzeilige Liniensorten aber nicht durchgängig. Eine Ertragsüberlegenheit von mehreren Dezitonnen pro Hektar wäre aber erforderlich, um die trotz reduzierter Saatstärke höheren Saatgutkosten abzudecken. Hybridgersten eignen sich primär für Landwirte, die durch eine ausgeklügelte Erzeugungsstrategie das Beste aus ihnen herausholen. Die Saatgutfirmen bieten die Sorten SY Galileoo, Toreroo und Wootan an.
Mit einer Beeinträchtigung der Wintergerste durch Schneeschimmel und Typhulafäule ist im Mühl- und Waldviertel eher zu rechnen als im Alpenvorland. In den Prüfungen waren bei den Zweizeiligen Bianca und Bordeaux sowie bei den Mehrzeiligen Journey und SU Jule am erfolgreichsten.
Sommergerste im Herbst
Seit vier Jahren werden in Ostösterreich Sommerbraugersten in nennenswertem Ausmaß im Herbst angebaut, vornehmlich nach Körnermais und Zuckerrübe. Zweifellos ist ein Risiko damit verbunden. Längere Kahlfröste unter -10°C werden kaum schadlos überstanden. Für die meisten Landwirte überwiegen dennoch die Vorzüge.
Die im Herbst gesäte Gerste kann durch ein tiefer reichendes Wurzelsystem die Winterfeuchte effizienter nutzen als beim Frühjahrsanbau, ist weniger vom Regen in der Vegetationsperiode abhängig und beginnt zeitiger mit der Kornfüllung. Überdauern die Pflanzen den Winter ohne gravierende Schäden, sind Kornerträge auf dem Niveau etablierter Winterbraugersten oder darüber möglich. Der im Vergleich zu Winterbraugerste um 1 bis 1,5% niedrigere Proteingehalt ist großteils als Vorteil zu sehen. Ist eine Saat um den 15. oder 20. Oktober möglich, sollte man nicht mehr zuwarten. Die Novembergersten büßen gegenüber einem Anbau um Mitte Oktober häufig etwa 10 bis 15% Ertrag ein. Saatgut gibt es von den Sorten Amidala, Avus und Leandra.
Biosaatgut: 16 Sorten
Auf Bio-Flächen ist Biosaatgut zu verwenden, sofern es von passenden Sorten in entsprechender Menge und Qualität verfügbar ist. An zweizeiligen Gersten werden Bianca, Ernesta, KWS Donau, Lentia, Milena, Monroe, Sandra, Sonja, SU Vireni und Zita angeboten. Vom mehrzeiligen Sortiment stehen Adalina, Azrah, Carioca, Finola, Michaela und die virustolerante Paradies bereit. Fehlt geeignetes Biosaatgut, kann auf konventionelles, nicht behandeltes Saatgut zurückgegriffen werden. Dafür ist ein Antrag bei der jeweiligen Biokontrollstelle nötig.
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Unser Autor
Michael Oberforster, AGES Wien