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Krautfäule: Was ist beim Kupfer-Einsatz zu beachten?

Im Biokartoffelbau beruht die Krautfäulebekämpfung in erster Linie auf vorbeugenden, pflanzenbaulichen Maßnahmen. Ergänzend kommen kupferhaltige Fungizide zum Einsatz. Wir geben Tipps zur Anwendung und einen Ausblick auf potenzielle Entwicklungen.

Lesezeit: 9 Minuten

Unser Autor:Christian Landzettel, Fachberatung Kartoffelbau, Bioland Erzeugerring Bayern e. V.

Der Erreger der Kraut- und Knollenfäule ist zur Infektion zwingend auf tropfbares Wasser angewiesen. Daher finden sich erste Blattsymptome sehr häufig an der Blattspitze oder Blattspreite, wo Regen- und Tautropfen lange hängen bleiben.

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Wie das Kupfer wirkt

Die Wirkung des Kupfers gegenüber Phytophthora beruht auf der Abtötung des aus einer keimenden Spore herauswachsenden Keimschlauches. Dieser wird somit am Eindringen ins Blatt gehindert. Diese Wirkung geht einzig und allein von den Kupferionen aus.

Moderne Kupferfungizide sind so formuliert, dass mit möglichst wenig Kupfergesamtmenge ein Belag auf dem Blatt appliziert werden kann.

Dieser wird von Feuchtigkeit möglichst langsam gelöst. Er soll möglichst lange auch gegen Niederschläge stabil sein und gleichzeitig gewisse Mengen an Kupfer-Ionen an ablaufende Wassertropfen abgeben, um viele infektiöse Sporen abfangen zu können.

Die erste Behandlung ist die wichtigste! Es muss Kupfer vor der Spore auf dem Blatt sein. Kupferhaltige Pflanzenschutzmittel sind deshalb sogenannte Kontaktfungizide. Die Kunst der Applikation besteht darin, abzuschätzen, ab wann mit dem Erstauftreten der Krautfäule prinzipiell zu rechnen ist. So kann man rechtzeitig, jedoch auch nicht unnötig früh, einen ersten Kupferbelag applizieren.

Mit zunehmendem Laubwachstum werden die Kartoffelbestände dichter und bleiben auch ohne Niederschlag länger in den Tag hinein feucht. Ein einmaliger ergiebiger Niederschlag in der Phase des Krautwachstums reicht für die zunächst unterirdisch verlaufende Primärinfektion. Parallel entsteht bei 25 bis 30 cm Wuchshöhe schnell ein für das Erstauftreten der Krautfäule günstiges Kleinklima im Bestand. Dieses sichtbare Erstauftreten der Krautfäule ist insbesondere dann zu erwarten, wenn wenige Tage später ein weiteres Niederschlagsereignis den Bestand stark durchfeuchtet.

Spätestens vorm zweiten Niederschlag!

Spätestens vor diesem zweiten Niederschlag muss die erste Kupfergabe gesetzt sein. Deren Ziel ist es, die ersten Sporen, die vom Wind im Bestand verteilt werden können, an der Infektion zu hindern. So kann der Beginn einer Epidemie effektiv verzögert werden. Hier bewirken kleine Mengen Kupfer von 250 bis 300 g/ha große Effekte. Denn die noch sehr wenigen im Bestand befindlichen Sporen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit abgetötet.

In Jahren mit großer Nässe und hoher Luftfeuchtigkeit kann der Zeitpunkt der wirksamen Erstapplikation bereits deutlich früher erreicht sein. In eher trockeneren Jahren ist sie spätestens kurz vor Reihenschluss ratsam, um sicherzustellen, dass auch ältere Blattetagen noch mit einem gewissen Kupferbelag geschützt werden, bevor sie nicht mehr effektiv erreicht werden können.

Ab Befallsbeginn gilt dann: Jede Spore, die mehr im Bestand ist, erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Stelle zu treffen, wo auch trotz Behandlung kein Kupfer hingekommen ist! Daraus lässt sich ganz einfach ableiten, warum die erste Applikation die wichtigste ist. Weiters zeigt es, warum ein zu spät begonnener Kupfereinsatz auch mit hohen Aufwandmengen nie den Erfolg eines rechtzeitigen Beginns mit kleinen Mengen haben kann.

Genau beobachten!

Spätestens ab Beginn eines Befallsrisikos gilt es, den standortspezifischen Befallsdruck als Produkt von Witterung, Sorte, Boden und Standortgegebenheiten möglichst gut einzuschätzen. Eine wertvolle Unterstützung können Prognosemodelle sein. Niemals werden diese jedoch den eigenen Eindruck, die eigene Kontrolle der Bestände ersetzen.

Auch sie kann nie alles im Blick haben, doch kann sie hochgradig effektiv sein: Es geht darum, bei entsprechender Witterung morgens in den Senkenlagen, entlang von Gewässerrändern, in Schattenlagen oder/und in empfindlichen Sorten auf ersten Befall zu kontrollieren. Klar kann man das Pech haben, am ersten Befallsherd vorbeizulaufen. Doch mit etwas Erfahrung lassen sich sehr häufig allererste Befallsherde aufspüren.

Sie sind im Übrigen sehr häufig an denselben Stellen. Ganz nebenbei lernt man die eigenen Bestände kennen und schult das Auge für verschiedenste Auffälligkeiten. Findet man erste Befallsherde, so ist diese Information für die weitere Gestaltung der Kupferstrategie maßgeblich. Bei sonst noch sichtlich befallsfreiem Laub lohnt es zudem, einen ersten Befallsherd großzügig zu beseitigen. Einzelne Stauden sollten Sie ausreißen und zudecken oder entfernen.

Größere Herde sollten maschinell abgeflammt oder eingearbeitet werden – das tut weh, doch die Erfahrung zeigt klare Effekte: Wie das Kupfer erste Sporen an der Infektion hindert, so verschiebt auch die Beseitigung der ersten Sporen den Tag der Epidemie, die den ganzen Bestand befallen hat. Bei flächig verteiltem Blattbefall ist diese Maßnahme selbstverständlich zwecklos. Eine Selbstverständlichkeit zur zielgenauen persönlichen Einschätzung sollte ein Regenmesser auf weiter vom Hof entfernten Standorten sein.

Folgebehandlung nach Zielwert

Die zum erfolgreichen Pflanzenschutz sinnvolle Kupfermenge richtet sich nach dem Befallsdruck. Während durch­schnittlich anfällige Sorten in der Erstapplikation mit 250 bis 300 g/ha Cu behandelt werden, nimmt die sinnvolle Kupfermenge mit dem Befallsdruck zu. Sie erreicht bei ausgewachsenen und befallenen Beständen die je nach Präparat sinnvollen Höchstmengen von ca. 500 bis gut 600 g/ha. Doch wie ermittelt man die zu applizierende Menge für Folgebehandlungen?

Anstelle statisch festgelegter Kupfermengen und Spritzabstände hat sich das Zielwertmodell bewährt. Es orientiert sich an der für den jeweiligen Befallsdruck sinnvollen Kupfermenge im Bestand = „Zielwert“ und berücksichtigt den Abtrag von Kupfer durch Niederschlag. Bei modernen Fungiziden rechnet man mit einem Komplettabtrag nach 20 bis 25 mm über mehrere Stunden gefallenen Niederschlags.

Ein kurzzeitiger Gewitterregen kann auch mit hohen Wassermengen nur Teile des Belags lösen – ebenso wie ein stundenlanger leichter Regen. Folglich muss nach 10 bis 12 mm mehrstündigem Niederschlag ca. die Hälfte des Kupfers nachgetragen werden. Zur Ermittlung der nach nennenswertem Regen zu spritzenden Kupfermenge sind 1. die Abwaschung und 2. der bei aktuellem Befallsdruck sinnvolle Zielwert zu kalkulieren.

Ein Beispiel: Nach einer Applikation von 400 g/ha Cu hat es 12 mm geregnet. Es sind rechnerisch noch 200 g/ha da. Der Befallsdruck ist durch dreitägiges Schmuddelwetter angestiegen. Der sinnvolle Zielwert liegt nun bei 450 g/ha. Somit sind 450 minus 200 = 250 g pro ha in der Folgebehandlung nachzulegen. Und das, alsbald der Bestand wieder befahrbar ist! Denn genau nach Niederschlägen ist die Krautfäule sehr stark und der Schutz ist reduziert. Es lässt sich ableiten, dass beim Zielwertmodell in ausgewachsenen Beständen in regenreichen Phasen ggf. zweimal in einer Woche Kupfer eingesetzt werden muss, während ein nach der Abwaschung wieder „aufgefüllter“ Bestand bei dreiwöchiger Trockenheit auch drei Wochen lang keine weitere Anwendung benötigt. Ausnahme sind alle noch wachsenden Bestände: Binnen einer Trockenphase nennenswert zugewachsene Bestände sollten vor einem erneuten Niederschlag eine kleine Menge Kupfer zum Schutz des Neuzuwachses erhalten.

Sinnvoll abschließen

In starken Krautfäuleepidemien wird der Bestand anfälliger Sorten auch bei noch so guter Behandlungsstrategie eines Tages von der Krautfäule „abgereift.“ Unterhalb einer Restlaubmenge von 30 % sind weitere Kupferanwendungen nicht mehr sinnvoll. In der Mehrheit der Jahre reifen optimal geführte Bestände sukzessive mit sichtbarer Laubvergilbung natürlich ab.

Je weiter dieser Prozess vorangeschritten ist, desto eher sollte vor Niederschlägen die physiologische Reife der Knollen geprüft und das Laub befallener Bestände beseitigt werden. So lässt sich die Einwaschung von Sporen mit der Folge möglicher Knolleninfektionen sinnvoll umgehen und die vollständige Abreife des Bestandes beschleunigen.

Der Markt bietet verschiedene leistungsfähige Präparate an. Sie unterscheiden sich hinsichtlich Reinkupfergehalt, Formulierung, zugelassener Anwendungshäufigkeit und Höchstmenge je Einzelapplikation. Auch bei gleicher Reinkupfermenge können zudem gewisse Unterschiede in der Wirksamkeit und somit dem für eine bestimmte epidemiologische Situation sinnvollen Zielwert bestehen. Daher ist es unerlässlich, die Herstellerangaben sowie die Vorgaben der Zulassung zu beachten und sich bei Bedarf zum optimalen Einsatz der Produkte beraten zu lassen.

Die Zugabe von Haftmitteln wird intensiv diskutiert. Versuchsergebnisse der vergangenen Jahre legen nahe, dass Haftmittel in den meisten Fällen – vor allem aber bei trockenen WG-Cu-Formulierungen – durchaus eine gewisse Wirkungssteigerung erwarten lassen. Der Markt und die Zulassung von Haftmitteln sind derzeit stark im Wandel und es laufen aktuell Versuche zum Vergleich von Haftmitteln im Kupfereinsatz.

In der Applikationstechnik haben sich Doppelflachstrahldüsen bewährt. Auch luftunterstützte Technik mit ausreichender Wasser- und nicht zu hoher Luftmenge können eine gute Applikation leisten. Auch und gerade im biologischen Anbau bietet die Anlage von Fahrgassen eine Reihe bemerkenswerter Vorteile und ist folglich auf größeren Flächen und bei Spritzbreiten von 18 m und mehr dringend zu empfehlen.

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Kommentar

Kombi aus Sortenwahl und Kupfer!

Kupferhaltige Pflanzenschutzmittel bieten bis heute die einzige wirklich effektive, direkte Regulierungsmöglichkeit zur Bekämpfung von Phytophthora im biologischen Anbau. Doch Kupfer zählt zu den Schwermetallen und es kann sich bei übermäßiger Anwendung im Boden anreichern. Frühere Anwendungen von teils 60 bis 80 kg/ha und Jahr und mehr in Dauerkulturen haben Kupfer diesbezüglich in Verruf gebracht. Der heutige Kupfereinsatz bei Bio Austria ist auf 2, in starken Befallsjahren auf 3 kg/ha und Jahr ­limitiert.

Heute werden über hochmoderne Kupferpräparate meist 1,5 bis 2 kg/ha für eine ausreichende Wirkung aufgewendet. Schon jetzt lassen sich dabei keine kritischen Steigerungen des Boden-Kupfergehaltes mehr nachvollziehen. Doch hierauf ruht sich die Branche längst nicht aus.

Kupfer ist für die Pflanze essenziell und der Bedarf schwankt je nach ­Kultur zwischen ca. 30 und 140 g/ha. Für eine fünfgliedrige Fruchtfolge kann er mit

400 g/ha ­veranschlagt werden. Die aktuell zugelassenen ­Spitzenpräparate kommen mit ca. 30 % weniger Kupfer auf dieselbe Wirkung wie das direkte Vorgängerprodukt. Und es werden weitere Produkte mit vergleichbarem Reduktionspotenzial entwickelt. In der Effektivität weiter gesteigert werden sie ggf. durch Haftmittel.

Die mit Abstand wichtigste Maßnahme zur Prävention Phytophthora-bedingter Ertragsausfälle und zur PSM-Reduktion ist in biologischen wie in konventionellen Anbausystemen der gezielte Einsatz stabiler, feldresistenter oder resistenter Sorten. Hierbei können die seit einigen Jahren verfügbaren, hoch resistenten Sorten kupferfrei geführt werden, solange kein Befall in anfälligen Nachbarsorten auftritt. Sind anfällige Sorten im selben Gewann befallen, ist die Applikation und Haltung eines Zielwertes von ca. 250 g/ha Cu dringend anzuraten. Diese Kleinstmengen helfen die Resistenz selbst, die hier meist auf der Wirkung nur eines oder zweier Gene beruht, gegenüber eventuell infektiösen Mutanten zu schützen und zu erhalten.

Die Züchter arbeiten mit Hochdruck an genetisch noch breiteren und somit stabileren Resistenzen – ohne Gentechnik. U. a. ist die Förderung stabiler Sorten Teil der Kupferminimierungsstrategie der Biobranche. Ab 2 ha Fläche schreibt Bioland mind. 10 % überdurchschnittlich stabile Sorten vor. Mit dem Anbau widerstandsfähiger Sorten, leistungsfähiger Fungizide bzw. Haftmittel und intelligenter Applikationstechnik entsprechen die Aufwandmengen gegen die Krautfäule vielfach schon jetzt dem natürlichen Nährstoffentzug durch die Pflanzen in der Kartoffelfruchtfolge. Durch die aktuellen Entwicklungen rückt die generelle Erreichung dieses Niveaus näher. Unter diesen Bedingungen sollte Kupfer als Pflanzenschutzmittel auch künftig der Praxis erhalten bleiben.

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