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Nützlinge made in Austria

Auf die Züchtung von Florfliegen für die biologische Schädlingsbekämpfung in Getreide und anderen Kulturen hat sich ein junges Unternehmen in Alland spezialisiert. Bald will man auch Schlupfwespen und Ameisenbuntkäfer anbieten. Wir waren vor Ort.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Problematik trifft unsere Landwirtschaft zunehmend: Im Ackerbau gibt es immer weniger Pflanzenschutzmittel gegen Schädlinge. Und diese breiten sich in Verbindung mit dem zunehmenden Klimawandel in allen Kulturen immer mehr aus. Angesichts dessen kann man das junge Unternehmen von Insect Laboratories Research GmbH (ILR) im niederösterreichischen Alland wohl als kleinen Hoffnungsschimmer bezeichnen.

800.000 Florfliegen pro Woche

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Das sechsköpfige Team um Geschäftsführer Florian Mayer hat sich der Aufzucht und dem Vertrieb von Nützlingen verschrieben. Seit drei Jahren produziert man in Alland die biologischen Schädlingsbekämpfer. Das Hauptaugenmerk liegt aktuell auf der Zucht der Grünen Florfliege, genauer gesagt deren Larven.

Diese ernähren sich hauptsächlich räuberisch, das heißt, dass sie andere kleine Insekten aussaugen. Mitunter werden sie auch „Blattlauslöwen“ genannt. Eine Larve frisst im Durchschnitt 200 Blattläuse pro Woche, über ihren etwa zwei- bis dreiwöchigen Larvenzyklus also 400 bis 600 Stück. Auch Spinnmilben, Thripsen, Schmierläuse, Raupen und andere Kleininsekten stehen auf dem Speisezettel.

Das ILR ist das derzeit einzige in Österreich, dass sich auf dem Terrain der Nützlingszucht bewegt. Daneben werden die Nützlinge etwa auch in Frankreich oder Deutschland in ähnlicher Weise produziert. „Aber wir bieten den Kunden die ­Sicherheit, dass alle für die Produktion notwendigen Ressourcen aus Österreich stammen“, erklärt Jan-Luca Bina. Er ist neben der Aufzucht und Fütterung auch für das Marketing zuständig. „Und ein weiterer Vorteil ist, dass wir über den reinen Verkauf der Larven hinaus auch ein Gesamtpaket mit der Ausbringung per Drohnen anbieten.“ Dazu später mehr.

In der Vegetationszeit produziert das ILR etwa 800.000 Florfliegen-Larven pro Woche. Für die Anzucht der Larven hat das junge Team unter Federführung von Technikspezialist Andreas Grabos eine Vielzahl vollautomatischer Apparaturen entwickelt. Alle für die Zucht benötigten Geräte für die Zucht werden am Standort selbst gebaut.

Über weitere Details gibt Bina allerdings keine Auskunft. Auch ein Blick ins Labor bleibt uns leider verwehrt – „Betriebsgeheimnis“, sagt Bina. Aber er erklärt zumindest, dass bei der Zucht der Larven neben der automatisierten Fütterung vor allem die Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Tag-Nacht-Zyklen besonders wichtig seien. Auch das regelmäßige Reinigen und Hygiene sind Voraussetzung dafür, einem Krankheits­befall in den Kolonien vorzubeugen.

In verschiedenen Größen

Die „fertig“ gezüchteten Larven werden ebenfalls automatisch in Papp­waben „abgefüllt“ – jede Zelle ist mit je einer Larve bestückt. Diese Pappwaben werden für Gärtnereien bzw. Privatpersonen in Größen von 250 bzw. 500 Stück angeboten. Zur Freilassung wird einfach der angeklebte Vliesstreifen stückweise abgezogen und die Florfliegenlarven über den Pflanzen aus­gestreut. Die 500er-Packung kostet 17,50 €.

Für den landwirtschaftlichen Bereich werden die Larven auch in deutlich größeren Chargen angeboten. Prak­tische Erfahrungen gibt es aktuell vor allem bei der Blattlausbekämpfung in Getreide. Hier gab es im letzten Jahr erste Versuchsergebnisse. Laut Bina sind pro m2 Befallsfläche mit Blattläusen oder anderen Schädlingen je nach Befallsstärke 5 bis 10 Florfliegenlarven notwendig. „Bei sehr starkem Befall sollten bis zu 25 Larven pro m2 ausgebracht werden“, empfiehlt der Unternehmenssprecher.

Für den landwirtschaftlichen Bereich werden die Larven in mit Reisspelzen gefüllten Zylindern abgefüllt, „weil sie sich sonst gegenseitig auffressen würden“, wie Bina hinzufügt. Dieser Nachteil des Kannibalismus in der Zucht sei aber auch ein Vorteil in der freien Natur. Denn so komme es nicht zu einer Überpopulation, weil sie sich dort selbst dezimieren.

Landesweites Drohnennetzwerk

Landwirte können entweder die Packungen mit Larven im Labor beziehen. Oder aber, und das ist die Regel, sie wählen das Gesamtpaket des ILR inklusive der Ausbringung per Drohne. Beim ILR stehen dafür derzeit drei eigene Drohnen zur Verfügung. „Aber wir haben inzwischen bereits ein ganzes Netzwerk an Drohnenpiloten in ganz Österreich aufgebaut“, berichtet Bina. Somit können wir in kürzester Zeit österreichweit vor Ort sein, wenn uns ein Landwirt anruft. Das Gesamtpaket aus Larven und deren Ausbringung kostet laut Bina je nach Befallsstärke zwischen 120 € (bei leichtem Befall) bis zu 240 € pro ha. Die Nützlingsausbringung per Drohne dauert keine 10 Minuten pro Hektar, erklärt der Sprecher.

Der Einsatz der Drohnen beschränkt sich aber nicht nur auf die biologische Schädlingsbekämpfung. Sondern „wir bieten ab heuer auch die Rehkitzfindung per Drohne mit Wärmebildkamera an. Das Paket wird um 30 €/Stunde plus Anfahrtspauschale angeboten“, so Bina.

Das ILR sei darüber hinaus derzeit dabei zu testen, wie gut die Florfliegenlarven auch für den Einsatz gegen andere Schädlinge geeignet sind. So gebe es erste positive Rückmeldungen beim Einsatz gegen den Rüsselkäfer in Rüben, im Eistadium der Käfer. Hier will man heuer weitere Versuche starten und freut sich über Landwirte, die ihre Rübenflächen für Versuchszwecke zur Verfügung stellen.

Genauso suchen die Allander Forscher Versuchsflächen im Forst. Und zwar soll untersucht werden, wie gut die Nützlinge im Kampf gegen den Borkenkäfer eingesetzt werden können. Nach Aussage von Geschäftsführer Florian Mayer gibt es bereits Untersuchungen, wonach die Florfliegen auch den Borkenkäfer räuberisch bekämpfen würden.

Weitere Nützlinge „im Anflug“

Zudem arbeitet man in Alland gerade an der Erweiterung des Nützlingsportfolios. Konkret handelt es sich dabei zum einen um den Ameisenbuntkäfer. Seine Larven gelten als größter Gegenspieler des Borkenkäfers, dem wohl ärgsten Feind unserer Fichtenbestände. Das ILR will den Ameisenbuntkäfer für den Kampf gegen den Borkenkäfer züchten.

Dazu merkt Geschäftsführer Mayer an: „Derzeit gibt es keine echten Lösungen gegen den Borkenkäfer, weder im In- noch im Ausland. Wir sind kurz vor dem Start der Ameisenbuntkäferzucht. Auch hier sind wir gerade dabei, Testgebiete für den kommenden Herbst abzustecken.“

Weiters befindet sich auch die Züchtung der Schlupfwespe (gegen Maiszünsler) kurz davor, in den industriellen Maßstab zu gehen. Ziel ist es, schon in den nächsten Monaten die ersten Kunden bedienen zu können. Wie bei der Florfliege sollen schon bald mindestens 800 000 Schlupfwespen­larven pro Woche produziert werden. Unterm Strich darf man noch viel in Sachen Nützlinge made in Austria aus Alland erwarten. Weitere Infos unter www.insectlab-austria.com.

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