Unsere Autorin Anna Koiner, Rinderzucht Austria, berichtet.
Ende der 1970er-Jahre importierten die ersten österreichischen Betriebe die Fleischrinder aus Schottland. Sie legten damit den Grundstein für die Anguszucht in Österreich. Inzwischen werden 1 600 Angus-Herdbuchkühe gehalten, das sind um 50 % mehr als noch vor zehn Jahren. Damit rangiert Angus in der Rassestatistik bereits auf dem fünften Platz.
Die durchschnittliche österreichische Anguszuchtherde zählt fünfzehn Kühe. Auch wenn das auf den ersten Blick „klein“ erscheint, sind die Angusherden doch etwas größer als ein durchschnittlicher österreichischer Zuchtbetrieb, der 9,5 Kühe hält. In allen acht Bundesländern werden Anguszuchtkühe gehalten. Ein Drittel davon ist in Niederösterreich beheimatet, gefolgt vom Burgenland, Kärnten und Oberösterreich.
Zucht mit Eigenwerbung
Durch den Anstieg der Tierzahlen stieg auch die Nachfrage nach Zuchttieren im Inland. Auch ins Ausland werden immer wieder Zuchttiere vermarktet.
Wie generell in der Fleischrinderzucht, ist dieser Markt vor allem über Verkäufe ab Hof und nur durch entsprechende Werbemaßnahmen durch die Zuchtbetriebe selbst geprägt. Egal, ob es die Bewerbung des eigenen Zuchtbetriebes im Internet ist, oder die Präsentation von Tieren auf Rinderschauen: Wer in der Fleischrinderzucht Zuchtrinder vermarkten möchte, muss selbst die entsprechende Initiative zeigen und Zeit investieren.
Sehr leichtkalbig
Anguskühe kalben sehr leicht, der Kalbeverlauf in der Reinzucht ist auf einem konstant sehr niedrigen Niveau. Generell haben die Anguskühe eine etwas kürzere Trächtigkeitsdauer von ca. 281 bis 283 Tagen. Daher sind die Kälber bei der Geburt nicht sehr schwer bzw. groß. Die durchschnittliche Zwischenkalbezeit aller Anguszuchtkühe liegt zwischen 375 und 385 Tagen.
Angus als Kreuzungspartner
Angus wird daher bereits in vielen Ländern, u. a. auch in Deutschland, als Gebrauchskreuzung auf Milchviehbetrieben mit Holsteins oder Jerseys eingesetzt. Die leichten Geburten ermöglichen sogar eine Besamung von Kalbinnen. Die genetische Hornlosigkeit ist dabei ein gerne gesehenes i-Tüpfelchen.
In Österreich hat sich Angus bis dato noch nicht im breiten Stil als Kreuzungspartner etabliert. Nach wie vor sind die Weiß-Blauen-Belgier in den Milchviehherden die mit Abstand am häufigsten eingesetzte Kreuzungsrasse.
Am Kälbermarkt bekommt man ein schwarzes Kalb oft nicht entsprechend bezahlt, da die Farbe „schwarz“ noch mit „wenig Fleisch“ assoziiert wird.
Laut Fachexperten in der Rindfleischvermarktung können mit Anguskreuzungen nicht die Nettozunahmen und Schlachtkörpergewichte erreicht werden, wie mit intensiven Fleischrinderrassen. Allerdings gibt es Unterschiede, je nachdem welche Stiere eingesetzt werden. Mittlerweile ist auch Genetik verfügbar, mit der auch ein höheres Schlachtgewicht erzielt wird. Auch bei den Tageszunahmen geht die Kurve der Rasse nach oben, da sich die Angusrinder im Rahmen weiterentwickelt haben. In Raumberg-Gumpenstein laufen derzeit Versuche zur Kreuzung von Angus in der Jungrinderproduktion in der Mutterkuhhaltung.
Besonders zartes Fleisch
Kaum eine Rasse wird auch in der breiten Bevölkerung so mit „Fleischqualität“ in Verbindung gebracht wie Angus. Das Fleisch zeichnet sich durch eine besondere Zartheit aus. Diese Zartheit kann über die Scherkraft in Kilogramm gemessen werden. Ab einem Wert von weniger als 4 kg hat das Fleisch eine optimale Zartheit.
In einem Versuch in Deutschland wurde festgestellt, dass das Fleisch von Angus-Jungstieren und Kalbinnen bei einer Reifezeit von 14 Tagen bereits eine Zartheit von weniger als 4 kg hat, während die Tiere der anderen Rassen (Fleckvieh und Limousin) nach dieser Reifedauer diese Werte noch nicht erreichten. Außerdem spielt auch der hohe Anteil an intramuskulärem Fett eine Rolle für die hervorragende Fleischqualität. Das Fleisch ist gut marmoriert und wird daher bei den Verbrauchern immer beliebter und nachgefragt. Daher ist für viele Zuchtbetriebe die Direktvermarktung eine wichtige Einkommensquelle.
Durch eine verstärkte Nachfrage nach Rindfleisch mit besonderer Fleischqualität könnten Angus und Anguskreuzungen künftig auch abseits der Direktvermarktung interessanter werden. Die letzten Jahre zeigen bereits, dass Angus auch in Österreich im Aufwind ist.
Weltweite Bedeutung
Angus zählt zu den weltweit größten und erfolgreichsten Rinderrassen. Ihren Ursprung haben die hornlosen Rinder in den gleichnamigen Bezirken „Angus“ und „Aberdeen“ in Schottland. Ursprünglich gab es Angus in verschiedenen Farben, erst durch die Zucht setzte sich die Farbe Schwarz durch. Es gibt aber auch rote Angusrinder.
Von Schottland aus wurden die Angusrinder in viele Länder exportiert. Mit weltweit rund 50 Mio. Tieren ist Angus heute eine der größten und wichtigsten Rassen in der Rindfleischproduktion. In Deutschland entstand Anfang der 1950er-Jahre durch die Einkreuzung von Rassen wie Fleckvieh, Gelbvieh und Schwarzbunten die Rasse „Deutsch Angus“. Mittlerweile wird in Deutschland nur noch ein Herdbuch für „Angus“ mit getrennten Rasseschlüsseln für „Aberdeen Angus“ und „Angus“ geführt. Wenn nur „Aberdeen Angus“-Vatertiere eingesetzt werden, erreichen Nachkommen von „Angus“ nach drei Generationen den Status „Aberdeen Angus“. Seit 2014 ist das Herdbuch der Rasse Angus in Deutschland geschlossen. Damit können keine Tiere neu ins Vorbuch aufgenommen werden.
Wie in Deutschland wird die Rasse auch in Österreich nur noch als „Angus“ bezeichnet. Seit 2008 gibt es auch hier keine getrennten Rassecodes mehr.
Lesen Sie dazu auch die Reportage von dem Anguszuchtbetrieb Daniela Wintereder