Investieren oder abwarten? Diese Frage stellen sich im Moment viele Betriebsführer. Steigende Baukosten, hohe Zinsen und ein unsicherer Markt sind nicht die besten Vorzeichen für große Bauvorhaben oder Anschaffungen im Maschinenpark. Hinzu kommen Unsicherheiten bezüglich künftiger Auflagen in der Tierhaltung und die langwierigen Bauverhandlungen für Stallprojekte.
„Es sind besondere Herausforderungen, die es in der Landwirtschaft in dieser Dimension in den vergangenen Jahren nicht gab. Derzeit schrecken zwar viele vor Investitionen zurück. Doch die gestiegenen Vermarktungspreise verleiten auch viele Landwirte, den nächsten Entwicklungsschritt für ihren Betrieb zu setzen“, skizziert Wolfgang Weichselbraun, Leiter der Abteilung Betriebswirtschaft in der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.
Investitionslaune verhalten
Die Investitionslaune der Bauern sei derzeit eher verhalten, wie Weichselbraun erklärt: „Es sind kleinere Projekte, die getätigt werden. Wir befinden uns auch bei der Förderung in einer Zwischenphase.“ Die alte GAP ist nach sieben Jahren zu Ende gegangen und die neue hat erst begonnen.
Mit den steigenden Zinsen haben auch jene Landwirte zu kämpfen, die in den vergangenen Jahren mit variablen Zinsen Kredite abgeschlossen haben. Die Europäische Zentralbank hob zuletzt den Leitzins auf 2,5 % an (Stand Dezember 2022 Anm.). Ähnlich wird auch der 3-Monats- und 6-Monats-Euribor steigen, an den variable Kredite gekoppelt sind.
Derzeit würden kaum Bauern wegen ihrer Schulden in die Beratung zur Landwirtschaftskammer kommen. „Aber in diesem Umfeld kann es noch so weit kommen“, meint der Betriebswirtschaftsexperte. Die Gewinner seien jene Landwirte, die vor etwa einem Jahr einen Fixzinskredit für ihre Projekte vereinbart haben. Derzeit würden sich laut Bankexperten diese nicht mehr rechnen (siehe Interview Mag. Barbara Gottinger, VKB-Bank).
Weichselbraun rät den Bauern derzeit eher zur finanziellen Vorsicht. Nach Möglichkeit sollten Liquiditätsreserven aufgebaut werden. Investitionen in neue Maschinen oder andere Vorhaben sollten genau überlegt werden. Die Anschaffungskosten für Landtechnik seien stark gestiegen. „Viele Landwirte konnten im Vorjahr durch die hohen Preise im Milchbereich oder im Ackerbau mehr einnehmen. Doch diese Rekordpreise können auch wieder fallen und es wird weiter mit extrem hohen Betriebsmittel- oder Futterkosten produziert", sagt Weichselbraun: „Ich kann nur raten, vorzusorgen und nicht zu euphorisch zu sein.“
Ungewisse Marktentwicklung
Wie sich der Markt entwickeln wird, ist ungewiss. Mit 2023 starten die Ansuchen für die Investitionsförderung wieder. In der neuen GAP stehen pro Jahr 120 Mio. € zur Verfügung. „Es ist Investitionsbedarf vorhanden und die Bauern sehen eine Perspektive in ihrem Sektor“, erklärt Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Denn allein die Covid-Investitionsprämie habe in den vergangenen Jahren 5,5 bis 6 Mrd. € an Investitionen in der Land- und Forstwirtschaft ausgelöst.
Die Obergrenze bei der Investitionsförderung in der GAP von 2023 bis 2027 liegt weiterhin bei 400.000 €. „Nominell gab es für die Obergrenzen keine Erhöhung zur vorangegangenen GAP, allerdings gibt es aufgrund der kürzeren Laufzeit von fünf statt sieben Jahren mehr Potenzial“, heißt es von der Landwirtschaftskammer Österreich. Bei Förderansuchen wird in der neuen GAP erst ab einem Investitionsvolumen von 150 000 € ein Betriebskonzept verlangt, in der vergangenen Periode waren 100.000 € die Grenze. Eine entsprechende Sonderrichtlinie ist noch zur Genehmigung im Finanzministerium, wie die Landwirtschaftskammer Österreich erklärt.
AIK wird wieder interessant
Der in Zeiten der Niedrigzinsen ins Hintertreffen geratene Agrar Investitionskredit (AIK) wird ein Revival erleben, ist sich Weichselbraun sicher. Die Details zum AIK für 2023 sind zu Redaktionsschluss noch nicht offiziell festgestanden. Die Bestätigung aus dem Finanzministerium war noch ausständig, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. 2022 standen 180 Mio. € an Kreditvolumen zur Verfügung. „Inhaltlich sind gegenüber dem bisherigen Prozedere beim AIK jedoch keine maßgeblichen Änderungen angedacht“, heißt es aus dem Ministerium.
Bei einem AIK bekamen die Landwirte 2022, je nach Situation, zwischen 36 und 50 % der Zinskosten erstattet. Der AIK-Bruttozinssatz wird mit dem 6-Monats-Euribor plus 1,5 % Aufschlag gebildet. Ende 2022 lag der Bruttozinssatz bei rund 4 % (6-Monats Euribor 2,5 % + 1,5 % Aufschlag).
In der aktuellen Förderperiode seit Jänner soll der Zuschuss generell bei 50 % der Bruttozinsen liegen, wie Weichselbraun erklärt. Die Kredituntergrenze soll bei 20 000 € liegen und die Laufzeit zwischen fünf und 20 Jahren. Die Laufzeit der Agrar Investitionskredite betrug bisher für technische Maßnahmen maximal zehn und für bauliche Maßnahmen maximal 20 Jahre. „Waren freie Finanzierungen in den vergangenen Jahren attraktiver, ist der AIK nun gut, weil er zu fixen Konditionen zu bekommen ist und das Zinsrisiko für die Bauern durch den Zuschuss verringert wird“, sagt Weichselbraun.
AIK-Volumen
Der AIK hat neben dem Zinszuschuss den Vorteil, dass Landwirte nicht mit der Bank verhandeln müssen. Die Kreditinstitute sind verpflichtet, die ausgehandelten Konditionen zu gewähren. „Das Kreditvolumen für 2023 wird in den nächsten Wochen mit dem Finanzministerium abgestimmt“, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium Mitte Dezember. Bis Ende Jänner sollten die neuen Richtlinien feststehen und auch das Volumen für die AIK in der Förderperiode bekannt gegeben werden.