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Holzpreise: Die Bauern wollen mehr vom Kuchen

Seit Monaten galoppieren die Holzproduktpreise in lichte Höhen. Bei den Waldbauern kommt davon nur wenig und vor allem zeitverzögert an. Viele sind daher frustriert und sauer. Nach Einschätzung von Marktinsidern könnte der Holzpreis aber durchaus die 120 €-Marke erreichen.

Lesezeit: 8 Minuten

"Für uns ist das wie Krieg. Das Holz ist weg und das Geld auch“, beklagt Erwin Rupp-Pöckl, Waldbauer in Waidhofen/Thaya, die perfide Marktsituation. Auch die Preissteigerungen beim Rundholz seit Jahresbeginn würden ihm und seinen Berufskollegen in der Region nicht viel helfen. Tatsächlich hinken die Rundholzpreise im nördlichen Niederösterreich wegen der dortigen massiven Borkenkäferplage seit geraumer Zeit um gut 10 € hinter jenen in (Rest-)Österreich hinterher. „Unverständlicherweise bekommen wir seit Jahren weniger, obwohl es für alle Segmente genügend Abnehmer in der Region bzw. in der Nähe gibt. Beim Verkauf der Fertigware besteht dann sowieso kein Preisunterschied mehr“, zürnt der Waldbauer.

Eine Situation, die Franz Fischer, Obmann der Waldgemeinschaft Raabs sowie vom Waldverband NÖ, bestätigt: „Eigentlich hätten die Rundholzpreise schon ab Mitte 2020 steigen müssen. Doch sie wurden im vierten Quartal nochmals gesenkt.“ Das wäre alles andere als fair von der Industrie gewesen und habe die Unzufriedenheit der Bauern nochmals angefeuert.

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„Ein kluger Egoist kooperiert." Paul Lang, Obmann Waldverband Steiermark

„Der zu dieser Zeit schon stark nachgefragte Rohstoff wurde uns unter seinem Wert um billigstes Geld abgenommen und dann damit gute Geschäfte gemacht“, zeigt sich der Landeskammerrat betroffen, „denn die Schnittholzmärkte boomen ja schon länger.“ Vor allem die Exportpreise heben seit Monaten ab: Gab es beim Schnittholzexport früher durchschnittlich 300 €/m³, erlöst die Sägeindustrie nun 500 bis 550 €, berichtet Fischer. „Doch ein gerechtfertigter Anteil wurde uns bis zum heurigen Frühjahr de facto nicht weitergegeben“, so Fischer säuerlich.

Langes Tal der Tränen

Die aktuellen Rundholzpreise haben bis auf das Waldviertel nun die 100 €-Marke erreicht, berichtet die LK Österreich in ihrem aktuellen Mai-Holzmarktreport. Doch damit wird erst am Preisniveau der Jahre 2012 und 2013 gekratzt (siehe Übersicht 1).

Gerade die letzten Jahre waren durch ein massives Aufkommen an Käferholz geprägt – vor allem in niederen Lagen. Hauptbetroffen davon war das Waldviertel. „Unsere Region wurde die letzten Jahre wegen des Schadholzes letztlich dazu missbraucht, um die Rundholzpreise generell niedrig zu halten“, ringt Landwirt Rupp-Pöckl im top agrar-­Gespräch sichtlich nach Fassung.

„Die Sagler haben ohne Not die Bauernpreise im Herbst 2020 nochmals gesenkt.“ Franz Fischer, Waldverband NÖ

Diese generelle Problematik zeigt auch der aktuelle Holzeinschlagsbericht des Landwirtschaftsministeriums. Demnach wurden 2020 nur rund 16,80 Mio. Erntefestmeter (Efm) Holz aus den heimischen Wäldern genutzt. Der Holzeinschlag fiel damit um 11,2 % geringer aus als 2019. Mit 8,91 Mio. Efm (53 % des Gesamteinschlages) liegt der Klimawandel-bedingte Schadholzanteil um satte 38 % über dem zehnjährigen Durchschnitt.

Zahlen, die Rudolf Rosenstatter, Obmann der Waldverbände Salzburg und Österreich, nicht überraschten. Für ihn ist der „schwache Holzeinschlag das Ergebnis katastrophaler Holzpreise“. Trotzdem waren die Kleinwaldbesitzer auch im ersten Corona-Pandemiejahr die wichtigsten Holzlieferanten für die holzverarbeitende Industrie. Immerhin lieferten die Waldbauernfamilien 55 % des Gesamteinschlages.

„Es braucht neue gesetzliche Spielregeln, ansonsten herrscht weiterhin Anarchie.“ Erwin Rupp-Pöckl, Waldbauer

Dass die Bauernpreise nach der langen Durststrecke endlich angestiegen sind, tut den Bauern aber sichtlich gut. Vor allem die letzten drei Jahre musste das Rundholz ja fast verschenkt werden. „Gerade die Kleinwaldbesitzer bekamen die volle Härte der Marktmechanismen zu spüren. Als Waldverband versuchen wir da zwar dagegenzu­halten, haben aber auch nur eingeschränkte Möglichkeiten“, spielt Fischer auf die starke Markt- und Preismacht der abnehmenden Sägeindustrie und der Holzverarbeiter an.

Sein Obmannkollege beim Waldverband Steiermark, Paul Lang, sieht aber gerade in der Kooperation der Waldbauern das stärkste Mittel gegen die übermächtige Großindustrie. „Ein kluger Egoist kooperiert. Für manche mag das vielleicht wie ein Widerspruch klingen, aber der Erfolg gibt uns recht“, so Lang, der zusätzlich als Vize-Obmann vom Waldverband Österreich insgesamt 66.000 Waldbauern vertritt.

Holzindustrie muss umdenken

„Wenn wie Bauern uns nicht einig sind, es keine Kooperationen und keinen ­gemeinsamen Marktauftritt gibt, sind auch die Preise schlechter“, verweist Lang etwa auf Deutschland, wo die Preise noch bei 90 € herumgrundeln (mehr dazu lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 6/2021, „Blick über die Grenzen“, S. 16).

„Das Spiel der Sägeindustrie war und ist nicht fair, manchem Industriekapitän ist einfach das rechte Maß verloren gegangen“, zeigt sich Lang nachdenklich und fast schon philosophisch. Für den Waldbauern, der selbst 38 ha Wald bewirtschaftet, denken die Verarbeiter nicht wirklich nach vorne: „In den letzten Jahren wurde die Einkaufspolitik der Verarbeiter voll auf die Kalamitäten Sturm und Käfer aufgebaut. Haben wir mal ein Normaljahr mit ­weniger Schadholz – wie hoffentlich heuer – wird der Rohstoff halt knapp.“

Dann funktioniert das Just-in-time-Prinzip der Industrie beim Holzeinkauf nicht mehr. „Schon gar nicht, wenn man auf Regionalität setzt oder mit dieser sogar wirbt, mahnt Lang und redet damit einer intelligenten Lagerhaltung der Verarbeiter das Wort.“ Diese fehle bisher. Doch damit könnte die Holzindustrie, so Lang, wirklich mal Nachhaltigkeit leben und umsetzen. „Denn vom Rohstoff Holz gibt es bekanntlich genügend in unseren Bauernwäldern.“

Preisschere zwischen den Rundholz- und Schnittholzpreisen schließen

Ärgerlich und unverständlich für viele Bauern ist auch die teils große Preisschere zwischen den Rundholz- und Schnittholzpreisen (Übersicht 2). Der diesbezüglich große Unterschied im letzten Jahr ist zwar schnell erklärt: Nach dem ersten Corona-Schock zeigte sich eine sprunghafte Nachfrage nach Schnittholz. Durch die Lockdowns festgesetzt, haben viele Hausbesitzer lieber in Aus- und Umbauten sowie Renovierungen statt in Urlaube investiert.

Doch diese sich zuspitzende Schnittholznot zeigt sich auch global. Vor allem die USA lechzt nach dringend benötigter Holzware. Der Preis für Nadelschnittholz liegt dort aktuell bei 650 bis 700 €/m³, für Brettsperrholz wurden schon letztes Jahr 600 bis 700 €/m³ verlangt. Und die Preise steigen weiter.

Holznachschub kommt vor allem aus Skandinavien und Deutschland. Dafür liefert nun Österreich viele Holzprodukte ins Nachbarland. Einiges an heimischem Holz geht mittlerweile auch nach Großbritannien und China, deren Wirtschaften sich vom Coronavirus überraschend schnell erholt haben. Dieses Holz fehlt nun hierzulande.

Die Kritik an den Bauern, für zu wenig Nachschub aus den Wäldern zu sorgen, lässt Österreichs oberster Bauernvertreter, LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger, keinesfalls gelten: „Die Verarbeiter müssen endlich umdenken. Wir können gerne Holz in bester Qualität und ausreichender Menge liefern, wenn der Preis stimmt.“ (Siehe dazu Thema des Monats von LKÖ Präsident josef Moosbrugger: „Wir liefern gerne Holz, wenn der Preis stimmt!“)

Der Vorsitzende der heimischen Sägeindustrie, DI Markus Schmölzer, geht davon aus, dass „die Nachfrage nach Holzprodukten aller Art hoch bleiben wird und auch langfristig steigt.“ Die aktuelle Markt- und Preisentwicklung sei ein klares Signal für die gesamte Wertschöpfungskette Holz, wie wertvoll dieser Roh- und Werkstoff ist.

Neues Gesetz statt Usancen?

Die nach wie vor ausgestreckten Hände der Bauernvertreter gegenüber den Verarbeitern scheinen manchem Waldbauern aber zu wenig kämpferisch. Rupp-Pöckl: „Es wird immer das schon länger liegende Holz abgeholt, das frische bleibt fünf, sechs Wochen liegen. Damit gibt es immer billiges Käferholz.“ Wenn ein Frächter frisches Holz holt, muss er gar einen anderen Abholort eintragen, sonst schicken ihn die Sagler wieder weg. „Käferholz gibt es ohnedies nur bis zum Gatter, danach ist es keines mehr“, resümiert Rupp-Pöckl.

„109 € pro Festmeter für beste Qualität sind mir noch zu niedrig.“ Herbert Korber, Waldbauer

Lohnmäßig habe sich bei den Bauern, Frächtern und Harvester-Fahrern über Jahre hinweg nichts verändert, nur die Sägeindustrie verdiente. Daher brauche es neue Marktspielregeln und Kontrolle, findet der Waldbauer: „Bei Regelverstößen muss ein Schiri pfeifen, ansonsten haben wir weiterhin Anarchie. An die Holzhandelsusancen kann man sich halten oder eben auch nicht. Daher brauchten wir hier endlich ein Gesetz.“

Mehr Engagement der eigenen Standesvertretung beim Holz sei nötig. So schwebt Rupp-Pöckl eine unparteiische Klassifizierung wie beim Fleisch vor: „Allzu oft wird gutes Holz abgewertet und die Sagler holen sich auch hier ein Zubrot.“ Selbst bei der behördlichen Forstverwaltung sieht er Änderungsbedarf. „Angesuchte Holzschlägerungen ablehnen und wenige Monate später wegen Käferbefall einen amtlichen Schlägerungsbescheid erlassen, geht gar nicht“, findet Rupp-Pöckl: „Wer zahlt uns den aufgetretenen Wertverlust?“

Hoffnung auf 120 € lebt

Der Osttiroler Waldbauer Herbert Korber räumt aktuell eine Fläche mit ab­gebrochenen Wipfeln aufgrund von Schneebruch auf. Bis zu 109 €/fm wurden ihm geboten. „Verkauft habe ich aber noch nicht. Denn im Verhältnis zu den hohen Schnittholzpreisen ist mir das Angebot noch viel zu niedrig.“

Lieferboykottaufrufen, wie es sie teilweise in Deutschland gibt, können die wenigsten etwas abgewinnen. Dafür lebt die Hoffnung auf 120 € und mehr. Lang und Fischer unisono: „Letztlich wollen wir ja unsere Wälder bewirtschaften. Für unsere Familien, die Gesellschaft und die Industrie. Doch unsere Abnehmer müssen mehr Fairness zeigen und uns langfristig auch besser bezahlen.“

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