Seit 2016 zahlte Ihre Molkerei in Österreich am besten. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Pointner: Die Molkerei Berchtesgadener Land hat mit Vorstand und Aufsichtsrat die Zeichen der Zeit mit dem Megatrend Nachhaltigkeit inklusive Umwelt-, Natur- und Tierschutz sehr früh erkannt und hier die richtigen Weichen gestellt. Maßnahmen wie die garantierte Fütterung „ohne Gentechnik“, Verzicht auf Totalherbizide wie Glyphosat, Bewegungsprämien aber auch die Umsetzung eines nachhaltigen Energiekonzeptes und zukunftsweisende Verpackungskonzepte haben dazu geführt, dass die Molkerei im vergangenen Jahr den Deutschen Nachhaltigkeitspreis erhalten hat. Wichtiger als der Preis ist jedoch, dass die Mehrwerte der Landwirte bei den Kunden ankommen. Nur wenn die Kunden bereit sind, höhere Preise zu bezahlen, kann die Molkerei die Gewinne in Form von höherem Milchgeld an die Landwirte ausbezahlen.
Die Spreizung zwischen dem Bestzahler und der Molkerei mit dem schlechtesten Auszahlungspreis nimmt wieder zu. Warum?
Pointner: Noch vor 15 Jahren war der Markt in Niedrigpreis-, Mittel- und Hochpreisprodukte segmentiert. Das breite Mittelfeld ist aber quasi weggebrochen. Dementsprechend gelingt es einigen Marktteilnehmern, ihre Produkte mit Mehrwert und dementsprechend höherer Wertschöpfung zu vermarkten. Andere stellen möglichst billig austauschbare Massenprodukte auch für Handelsmarken her. Dazwischen entsteht eine immer größere Lücke.
2018 fiel der Biomilchpreis im Schnitt um 1,6 Cent auf 44,17 Cent/kg, 2019 um weitere 0,8 Cent. Warum kommt Biomilch derart unter Druck?
Pointner: Der Druck steigt immer dann, wenn Angebot und Nachfrage nicht zusammenpassen. Biolandwirtschaft und damit die Biomilchmenge im Markt wird weiter steigen. Bio finden zwar 83% der Befragten gut, tatsächlich kaufen Bio aber nur 5,3%. So lange die Nachfrage nicht gesteigert wird, kann sich der Biomilchpreis nicht weiterentwickeln. Mit Biomilch ist auch unsere Molkerei aktuell ausreichend versorgt. Sie sucht Demeter-Milch und ist überzeugt, dass die Demeter-Nachfrage weiter steigt.
Tierwohl und Regionalität sind die derzeitigen Trendthemen. Wird sich dies aus Ihrer Einschätzung verstärken oder wieder abflauen?
Pointner: Greta, ein kleines Mädchen in Schweden, ist für Klimaschutz freitags auf die Straße gegangen. Daraus ist – nicht zuletzt dank der neuen Medien – in rasender Geschwindigkeit ein weltweiter Trend entstanden. Die Veränderungen beim Klima sind heute das Thema in Politik und Gesellschaft schlechthin. Nur wer sich diesen Herausforderungen stellt, wird zukünftig im Premiumsegment einen Platz finden. Ein Abflauen ist nicht in Sicht.
Alle Molkereien stöhnen unter der Last der teils sehr unterschiedlich hohen Monatsanlieferungen. Wie schafft Ihre Molkerei diesen Spagat?
Pointner: Wir berücksichtigen dies bei unserer Aktionsplanung mit dem Handel und haben außerdem bei Biomilch Sommer- bzw. Wintermilch-Auszahlungspreise.
Sie haben kürzlich aber eine Art Solidaritätsbeitrag für große Lieferanten eingeführt. Warum?
Pointner: Unser Milcheinzugsgebiet ist geprägt von bäuerlichen Familienbetrieben, die im Durchschnitt 27 Kühe halten. Verbraucher schätzen diese Struktur in unserer Genossenschaft. Großbetriebe passen nicht zur Philosophie unserer Genossenschaft. Dementsprechend haben sich Vorstand und Aufsichtsrat dazu entschlossen, ab heuer eine negative Mengenstaffel einzuführen. Demzufolge erhalten Betriebe ab 1 Mio. kg Jahresliefermenge einen Abzug vom Milchgeld. Lieferungen aus mehreren Betriebsstätten eines Mitglieds bilden dabei zusammengefasst die Gesamtliefermenge eines Mitgliedes. Betroffen von diesem Abzug sind aktuell weniger als zehn Betriebe, die 1 Cent Abzug erhalten werden. Das soll auch so bleiben.
Die Berchtesgadener Land hat in Österreich derzeit rund 200 konventionelle und rund 100 Biomilch-Lieferanten. Wollen Sie künftig mehr Rohmilch aus Österreich beziehen? Ein bayerischer Mitbewerber mietet sich gerade bei einer Molkerei in Österreich ein.
Pointner: Unsere Philosophie war schon immer dann neue Milchlieferanten aufzunehmen, wenn eine Vermarktung gesichert ist. Dementsprechend bieten wir derzeit Bergbauern und Demeter-Bauern eine Aufnahme in unsere Genossenschaft an, wenn Sie zur Logistik der Milcherfassung passen.
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