Vor allem kleinere und extensivere Futterbaubetriebe profitieren von der neuen GAP. Dagegen müssen größere Milchbetriebe eher Abstriche machen. Dem ÖPUL kommt künftig eine noch wichtigere Rolle zu.
In der neuen GAP heißt es auch für den Futterbau: Evolution statt Revolution. Es kommt zu kleineren Änderungen und Erweiterungen, aber nicht zu einer völlig neuen Ausrichtung der Agrarpolitik ab 2023.
Weiterhin gilt, dass die Basiszahlung für die Direktzahlungen nicht zwischen Ackerland und Grünland abweicht, womit auch für das Grünland 208 €/ha ab 2023 (bisher 288 €/ha) ausbezahlt werden (siehe Ausgabe 6/7, Seite 11 ff.). Auch die Umverteilungszahlung, bei der ab 2023 zusätzlich zur Basiszahlung 45 €/ha für die ersten 20 ha und weitere 22 €/ha für die nächsten 20 ha gewährt werden, unterscheidet sich nicht zwischen Ackerland und Grünland.
Almprämien deutlich höher
Auch im neuen Programm wird es Direktzahlungen in der ersten Säule für die Almweidefläche (41 €/ha) und gekoppelte Prämien für gealpte Tiere geben. Letztere erhöhen sich gegenüber der laufenden Periode von 62 auf 100 € pro Kuh und von 31 auf 50 € pro RGVE für sonstige Rinder.
Wie schon im ersten Teil der Serie ausgeführt, stellt die Reduktion bei den Direktzahlungen eine Folge der Umverteilungszahlung mit 10% der Direktzahlungen sowie der Öko-Regelungen dar. Dadurch werden erstmals Umweltmaßnahmen in der ersten Säule der GAP direkt finanziell unterstützt.
Grundsätzlich ist dafür vom Mitgliedstaat ein Mindestanteil von 25% der Direktzahlungen vorzusehen. In Österreich konnte der Anteil jedoch aufgrund des starken Agrarumweltprogramms auf 15% reduziert und damit eine höhere Basiszahlung abgesichert werden. Ab 2023 werden vier bereits bekannte ÖPUL-Maßnahmen als Öko-Regelungen umgesetzt, darunter die Maßnahme Tierwohl Weide im Grünland. Damit wird mit durchschnittlich 574 Mio. € (davon 100 Mio. Öko-Regelungen aus der ersten Säule) deutlich mehr Geld für Agrarumweltmaßnahmen gegenüber dem jetzigen Programm reserviert werden.
Extra Zuschläge im UBB
Die Maßnahme UBB (Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung) wird auch für Grünland und Ackerfutterflächen mit einer Basisprämie von 70 €/ha deutlich höher dotiert als bisher (45 €/ha). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, diese Basisprämie durch z.B. den Anbau von Feldfutter oder die Ausdehnung der Biodiversitätsfläche von 7% auf bis zu 20% weiter zu erhöhen. Die Mahd von Steilflächen bei einer Hangneigung von über 50% wird mit einem Zuschlag von 400 € extra abgegolten, die Prämie für ein punktförmiges Landschaftselement in Form von Streuobstbäumen wird von 7,2 auf 12 € erhöht.
40 €/ha fürs Melken auf Almen
Die Maßnahmenbezeichnung „Heuwirtschaft“ löst ab 2023 den Begriff „Silageverzicht“ ab. Die Prämie wird künftig nicht mehr zwischen Milch liefernden Betrieben und Betrieben ohne Milchproduktion unterscheiden (140 €/ha). In der laufenden Periode wurde noch zwischen Milchvieh (150 €/ha) und anderen Tieren (80 €/ha) differenziert.
Deutlich höhere Prämien gibt es ab 2023 für gemolkene Kühe auf der Alm im Rahmen der Tierwohl-Behirtungsmaßnahme, und zwar 140 anstelle von 100 €/Kuh (betrifft nur die ersten 20 GVE Milchkühe/Alm). Für die Weidemaßnahme im Tal besteht die Option, bei mehr als 150 Weidetagen zusätzlich 20 €/RGVE zu erhalten. Für Mutterkuhbetriebe oder Milchviehbetriebe mit Milchmastkälbern könnte die Maßnahme Tierwohl-Stallhaltung interessant sein. Als Entschädigung für die höheren Haltungsanforderungen (Platzbedarf, Einstreu) gibt es grundsätzlich 180 €/RGVE. Neu ist, dass auch weibliche Tiere förderfähig sind, sofern diese an Q-Plus Rind teilnehmen (ausgenommen Kalbinnen > 1/2 Jahr auf Milchviehbetrieben).
Neu im Programm ab 2023 ist die Maßnahme Humuserhalt und Bodenschutz auf umbruchfähigem Grünland, die für ganz Österreich angeboten wird. Diese Maßnahme löst den vorbeugenden Grundwasserschutz im Grünland ab, der derzeit nur im nördlichen Salzburg und in Oberösterreich angeboten wurde. Die Prämienhöhe orientiert sich an der Grünlandzahl: Je höher, desto mehr Prämie gibt es.
Um die Auswirkungen der neuen GAP konkret zu berechnen, wurden vier Milchvieh- und zwei Mutterkuhbetriebe kalkuliert. Alle Details zur Berechnung finden Sie im Kasten auf Seite 14. Die Auswirkungen für die vier Milchviehbetriebe zeigt die Kalkulation in Übersicht 1 auf Seite 14.
größere Milchbetriebe: Weniger Direktzahlungen
Die Direktzahlungen verringern sich ab 2023 bei allen Betrieben, besonders stark fällt der Rückgang beim Betrieb in Rohrbach mit über 3000 € aus (55 ha LF). Beim Tiroler Betrieb hingegen nehmen die Direktzahlungen nur um 264 € ab, vor allem die höheren Prämien für gealpte Tiere federn den Rückgang ab.
Die 2125 € an gekoppelten Prämien berechnen sich aus 17 gealpten Milchkühen (17x100 = 1700 €) und 8,5 RGVE für sonstige Rinder (8,5 x 50 = 425 €).
Für die ÖPUL-Prämien errechnen sich bei allen Betrieben höhere Beträge ab 2023, und zwar von 497 € (SL-38) bis 2035 € (SZ-17). Zum einen eine Folge der deutlich gestiegenen UBB-Basisprämie und der Möglichkeit, für Steilflächen, Feldfutter oder Landschaftselemente (höhere) Zuschläge ab 2023 zu lukrieren.
So baut der Betrieb in Rohrbach 5,5 ha Kleegras an und bewirtschaftet 18 Streuobstbäume. Somit resultieren daraus künftige neue Zuschläge von 330 € für das Feldfutter (5,5 ha x 60 €/ha) und 216 € für punktförmige Landschaftselemente (18x12 €/Baum statt bisher 7,2 €/Baum). Die höheren Prämien für die bodennahe Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger ergeben sich durch den höheren Prämiensatz für Schleppschuhverfahren ab 2023 (1,4 vs. 1,0 €/m³).
Die Betriebe in Rohrbach (RO-60) und Salzburg Land (SL-38) erhielten in der laufenden Periode Prämien für den vorbeugenden Grundwasserschutz im Grünland. Da bis 2022 nur Grünlandflächen mit einer Hangneigung <25% förderfähig sind, reduzierte sich die prämienfähige Fläche beim Betrieb in Rohrbach auf 26,4 ha (80% der gesamten Grünlandfläche), wodurch eine Prämie von 1848 € resultiert.
Für den Betrieb in Salzburg Land konnte die ganze Grünlandfläche als prämienfähig angenommen werden (19,5 ha x 100 €/ha). Er nutzt auch die Maßnahme „Humuserhalt und Bodenschutz auf umbruchfähigem Grünland“, 50% seiner Schläge weisen eine Grünlandzahl von 30 bis 40 und weitere 50% eine Grünlandzahl von über 40 auf. Somit errechnet sich die Prämie ab 2023 in Höhe von 1658 € wie folgt: 9,75 ha x 70 €/ha + 9,75 ha x 100 €/ha. Der Betrieb in Amstetten profitiert besonders von der Erweiterung der Gebietskulisse auf ganz Österreich, weil er bei einer Teilnahme an dieser Maßnahme eine zusätzliche Prämie von 1087 € erhält.
Der Tiroler Milchviehbetrieb (SZ-38) profitiert auch in der zweiten Säule von Änderungen bei der Alpung und Behirtung. Der höhere Zuschlag für gemolkene Milchkühe erhöht die Prämie für die Behirtung deutlich gegenüber der laufenden Periode. Auch der Zuschlag für mehr als 150 Weidetage steigert die Weideprämie um fast 450 €. Die Behirtungsprämie ab 2023 für den Tiroler Betrieb in Höhe von 4018 € errechnet sich dabei für die 25,5 RGVE (darunter 17 Milchkühe) wie folgt: 20 RGVE x 75 € + 5,5 RGVE x 25 € + 17 Milchkühe x 140 €.
Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete ändert sich für die drei Bergbauernbetriebe mit Milchviehhaltung nur wenig. Sie steigt ab 2023 etwas an, weil zwischen 10 und 30 ha ein etwas höherer Prämiensatz gewährt wird. Bei den Betrieben in Amstetten (AM-25) und Rohrbach (RO-60) müssen Biodiversitätsflächen auch auf dem Ackerland angelegt werden. Das führt bei einem höheren Flächenanteil für Biodiversitätsflächen ab 2023 (7% vs. 5%) zu Einbußen beim Fruchtfolgedeckungsbeitrag in Höhe von 79 € (AM-25) bzw. von 134 € (RO-60).
Der Rohrbacher Betrieb kann zumindest aktuell den Rückgang an öffentlichen Geldern durch die höheren Preise bei Milch und Fleisch kompensieren – dabei sind die auch höheren Betriebsmittelpreise berücksichtigt. Details dazu ab 11. August in dem vollständigen Artikel auf www.topagrar.at.
Mutterkuh: Plus beim ÖPUL
Auch bei den beiden Mutterkuhbetrieben nehmen die Direktzahlungen ab. Und zwar beim Betrieb in Weiz von knapp 4900 auf etwa 3536 € und bei dem aus St. Veit von ca. 8400 auf 6100 €. Jedoch übertreffen die ÖPUL-Gelder ab 2023 deutlich die Einbußen aus der ersten Säule. Ausschlaggebend dafür sind einerseits die höhere UBB-Basisprämie samt höheren oder neuen Zuschlägen im Rahmen von UBB. Andererseits können beide Betriebe ab 2023 an der Maßnahme Tierwohl Stallhaltung Rinder teilnehmen (die Berechnungen dazu finden Sie auch in dem Beitrag auf unserer Homepage).
Pro GVE Einsteller (berechnet auf das ganze Jahr) werden dafür 150 € ausbezahlt, weil gleichzeitig an der Weidemaßnahme teilgenommen wird. In der laufenden Periode konnten diese Betriebe an der Maßnahme „Besonders tierfreundliche Stallhaltung“ nicht teilnehmen, da diese nur für männliche Rinder >=1/2 Jahr angeboten wurde. Zusätzlich erhält der Mutterkuhbetrieb in St. Veit an der Glan (SV-24) noch die neue Prämie für den Humuserhalt und Bodenschutz für umbruchfähiges Grünland für die Grünlandflächen <18% Hangneigung. Die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete ändert sich ab 2023 auch bei den Mutterkuhbetrieben nur marginal. Unterm Strich erhöhen sich die Ausgleichszahlungen beim Weizer Betrieb von 18500 auf 20000 €, bei dem aus St. Veit von 16600 auf gut 18000 €.
Auch für Grünland- und Futterbaubetriebe gilt: Es wird Gewinner und Verlierer geben. Aber im Gegensatz zum Ackerbau dürften im Futterbau die Gewinner eher in der Überzahl sein, wie die vorliegenden Berechnungen erahnen lassen.
Kleinere sind die Gewinner
Und dabei gilt: Je kleiner die Betriebe sind und je extensiver sie wirtschaften, desto größer dürfte das Plus ab 2023 sein. Besonders deutlich wird das beim Milchkuhbetrieb in Tirol (SZ-17) und dem Mutterkuhbetrieb im Bezirk Weiz (WZ-14). Beide wirtschaften mit besonders hohen Standortnachteilen und können die höheren Prämien für die Alpung ihrer Tiere nutzen. Diese zusätzlichen Gelder für Mutterkuhbetriebe scheinen aber auch aus wirtschaftlicher Sicht notwendig, denn die jüngsten Ergebnisse des Grünen Berichts 2022 verweisen mit rund 10200 € pro Betrieb auf die niedrigsten Einkünfte unter allen Spezialbetriebsformen.
mehr Für seltene Rassen
Und diese Prämien können noch ausgeweitet werden, wie folgende Beispiele zeigen. Wäre der Betrieb in Weiz ein Heubetrieb, könnte er zusätzlich 1020 € ab 2023 lukrieren. Denn für Mutterkuhbetriebe erhöht sich die Prämie im Rahmen der Heuwirtschaft um 60 €/ha gegenüber dem Silageverzicht. Auch Betriebe mit besonders gefährdeten Tierrassen können zusätzliche Prämien lukrieren, weil hier die Prämien für bestimmte Rassen erhöht wurden. Der Mutterkuhbetrieb in Kärnten (SV-24) erzielt ebenfalls ab 2023 höhere öffentliche Gelder − eine Folge höherer UBB-Prämien sowie der Maßnahmen Tierwohl Stallhaltung, Humuserhalt und Bodenschutz und der erhöhten Weideprämie bei mehr als 150 Weidetagen.
Bei größeren und spezialisierten Milchviehbetrieben kommt es im Schnitt zu Einbußen bei den öffentlichen Geldern ab 2023. Die Reduktion in den Direktzahlungen kann kaum über die höheren ÖPUL-Prämien kompensiert werden, wie das Beispiel des Betriebes in Rohrbach belegt. Nicht so eindeutig sind die Verhältnisse beim Betrieb in Amstetten und Salzburg Land. Ersterer erzielt ab 2023 nur deshalb höhere öffentliche Gelder, weil die Maßnahme Humuserhalt und Bodenschutz für umbruchfähiges Grünland nun für das gesamte Bundesgebiet offensteht. Das ist auch der Grund, warum sich für den Betrieb in Salzburg Land (SL-38) ab 2023 ein Rückgang der öffentlichen Gelder errechnet. Hier fällt die neue Prämie für den Humuserhalt geringer aus als für den vorbeugenden Grundwasserschutz in der laufenden Periode.
4 Milch-, 2 MuKu-betriebe
So haben wir gerechnet
Die Auswirkungen der neuen GAP werden auf der Basis von vier Milchvieh- und zwei Mutterkuhbetrieben beispielhaft geprüft (Details zur Milch siehe Übersicht 1). Es handelt sich zwar nicht um reale Betriebe, sie stellen aber für die jeweilige Region typische Beispiele mit ortsüblichen Produktionssystemen dar. Zwei Betriebe wirtschaften mit ausschließlich Grünland, die anderen vier verfügen zusätzlich auch über Ackerland. Die Betriebe wurden in Zusammenarbeit mit Beratern der Landwirtschaftskammern der betreffenden Bundesländer festgelegt.
Die Milchviehbetriebe aus NÖ, OÖ, Salzburg und Tirol halten zwischen 17 und 60 Kühe mit einer Milchproduktion von rund 115 t (SZ-17) bis 528 t (RO-60). Der Betrieb in Amstetten (AM-25) liegt nicht im benachteiligten Gebiet, die anderen drei wirtschaften mit einer natürlichen Erschwernis von 12 bis 235 Punkten.
Der Tiroler Betrieb im Unterland (SZ-17) hat eine eigene Alm, bei der die Kühe gemolken werden. Auch unter den beiden Mutterkuhbetrieben verfügt der eine Betrieb in der Steiermark (WZ-14) über eine eigene Alm. Der andere Mutterkuhbetrieb in Kärnten (SV-24) wirtschaftet mit einer geringeren natürlichen Erschwernis und baut Ackerkulturen an.
Die öffentlichen Gelder werden für jeden Betrieb einmal für die Situation der laufenden Programmperiode und einmal unter den sich abzeichnenden Bedingungen ab 2023 kalkuliert. Für jeden Betrieb wird eine Futterbilanz mit einer ortsüblichen Verteilung an Silage-, Heu- und Weideflächen gerechnet. Für Betriebe mit Ackerland wurden die Fruchtfolgedeckungsbeiträge ermittelt, um mögliche Anpassungskosten aufgrund geänderter Förderungsvoraussetzungen abzubilden.
So mussten bspw. im bisherigen UBB mindestens 5% als Biodiversitätsfläche beantragt werden, ab 2023 sollen es 7% sein. Die etwas höheren Biodiversitätsauflagen im Grünland ab 2023 werden hingegen in der Kalkulation nicht berücksichtigt. Gerechnet wird mit dem Internet-DB-Rechner der BA für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen, die Preise und Kosten betreffen den Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre (https://idb.agrarforschung.at/).
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GAP-Reform
Das ändert sich im Ackerbau
▶ Auswirkungen fürs Grünland
Wie rechnet sich jetzt Bio?
Unser Autor
Leopold Kirner, Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, Wien