Görtschitztaler MIlchbauern: Zum Handkuss gekommen
Die Milch von 35 Milchbauern aus dem Kärntner Görtschitztal, deren Rohmilch durch das Umweltgift Hexachlorbenzol (HCB) verseucht sein könnte, wird auch weiter alle zwei Tage abgeholt, dann jedoch vernichtet. Die betroffenen Betriebe bekommen weiter ihr Milchgeld. Das sagte eine Sprecherin von Agrarlandesrat Christian Benger am Freitag zur APA.
Bekanntlich wurde am Mittwoch in Milch und Futtermitteln von vier Betrieben das Umweltgift HCB festgestellt. Fix scheint, dass das HCB in Milch und Futtermitteln durch die Verbrennung von Blaukalk im Wietersdorfer Zementwerk verbreitet wurde. Das räumte am Donnerstag das Unternehmen selbst ein.
Auch Futtermittel vernichtet: Futtermittelbörse soll helfen
Ebenfalls vernichtet werden die eingelagerten Futtermittel der Bauern. Über die Futtermittelbörse der Landwirtschaftskammer sollen die Bauern und ihre Kühe dann mit sauberem Futter versorgt werden. Benger, Landwirtschaftskammerpräsident Johann Mößler und Landesveterinär Holger Remer sind am Freitag ins Görtschitztal gefahren, um die Bauern der Region über das weitere Vorgehen zu informieren.
Mit zu niedriger Temperatur verbrannt?
Nach letzten Informationen könnte ein Fehler bei der Verbrennung Ursache für die Emissionen gewesen sein. Es gibt Hinweise, wonach der Blaukalk bei geringerer Temperatur und in zu großen Mengen verbrannt wurde. Blaukalk verbrenne demnach bei 800 bis 1.100 Grad rückstandsfrei, hier dürfte es mit 450 Grad verbrannt worden sein.
Unter Druck stehen aber auch zunehmend Kärntner Behörden. Denn klar ist inzwischen, dass erhöhte Umweltgift- Werte im Tierfutter bereits im April registriert wurden. Die Behörden nahmen die Warnungen aber nicht ernst. Die Molkerei Sonnenalm, in Klein St. Paul direkt neben dem Zementwerk ansässig, schlug beim Land vor sieben Monaten Alarm. „Im Grasschnitt ist im Frühjahr eine geringe Menge des Gifts aufgetreten“, sagte Geschäftsführer Hannes Zechner.
Von wegen Altlasten
Es hieß, es dürfte sich um Altlasten handeln. „Seitens der Experten wurde angenommen, dass dieses Phänomen in der neuen Vegetationsperiode mit genügend Niederschlägen bereinigt sein wird. Aber im Sommer wurden erneut erhöhte Messwerte festgestellt“, so Zechner gegenüber dem Kurier. Alle Zulieferer hätten die Futtervorräte vernichtet. Es wurde Futter aus anderen Regionen zugekauft. „Unsere Betriebe sind daher sauber.“
Agrarlandesrat Benger und Kammerpräsident Mößler betonten, dass die Bauern in dieser Sache Opfer seien. „Ich werde alles unternehmen, damit den Bauern kein Schaden erwächst“, sagte der Agrarlandesrat. Und der Kammerpräsident erklärt: „Wenn sich bestätigen sollte, dass die zuständige Behörde die ordnungsgemäße Verbrennung von HCB-belastetem Blaukalk in den Wietersdorfer Zementwerken nicht kontrolliert hat, dann wäre das ein Skandal sondergleichen.“
"Ein Skandal sondergleichen"
Die Bauern würden von den Behörden regelmäßig auf die Einhaltung der Umweltvorschriften kontrolliert und im Falle von Verstößen mit hohen Strafen und Förderrückzahlungen bestraft. Und wenn die Verbrennung des mit dem Umweltgift Hexachlorbenzol belasteten Kalkes vorgenommen werde, komme niemand auf die Idee zu prüfen, ob von dem Gift etwas bei den Schornsteinen herauskomme, so Mößler.
Angesichts dieser Situation fordert der Kammerpräsident von den Verursachern dieses Umweltskandals und den allenfalls säumigen Umweltbehörden vollen Schadenersatz für die geschädigten Bauern und Lebensmittelbetriebe. Die Fachleute der Landwirtschaftskammer sowie der Agrarabteilung des Landes seien bereits beauftragt, die Schäden zu erheben.
Landeshauptmann Peter Kaiser lässt die Causa jetzt landesintern aufarbeiten. Aktiv geworden ist indes auch die Justiz. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt vorerst gegen unbekannte Täter.
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