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Pflügt Brüssel unsere Landwirtschaft um?

Kürzungen bei den Direktzahlungen und neue Auflagen schmälern das künftige Fördergeld. Die Bauern müssen versuchen, diesen Ausfall durch Maßnahmen in der 2. Säule aufzufangen.

Lesezeit: 6 Minuten

Mit bloß 208 € statt bisher rund 290 € für die Basiszahlung können Österreichs Landwirte ab 2023 pro Hektar rechnen – ohne Umverteilungszahlung und Ökoregelungsprämie. Allerdings: Alte und neue GAP-Förderarchitektur sind nicht mehr direkt vergleichbar, zu umfangreich die Neuerungen. Hier die Details.

Die neue GAP ist geprägt durch den mittels „Green Deal“ sowie „Farm to Fork“-Strategie vorgegebenen Transformationsprozesses hin zu einem fairen, gesunden, umweltfreundlichen und nachhaltigen Lebensmittelsystem. Künftig muss jede Bauernleistung belegbar sein, ansonsten gibt es keinen finanziellen Ausgleich dafür. Heißt letztlich: Mehr Bauernleistung fürs gleiche Geld. Ob die von der Bundesregierung beschlossene nationale GAP-Strategie samt Maßnahmen und Prämiensätzen von der EU-Kommission bestätigt wird, bleibt ohnehin noch abzuwarten.

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Viel Neues in der 1. Säule

Im Gegenzug gibt es mehr nationalen Gestaltungsspielraum in der 2. Säule (Ländliche Entwicklung). Besonders große Veränderungen gibt es aber in der 1. Säule (Direktzahlungen):

  • So sind künftig die Standards bei GLÖZ (guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand) und GAB (Standards; Grundanforderungen an die Betriebsführung) verpflichtend unter dem Titel „Konditionalität“ (hieß bisher „Cross Compliance“) einzuhalten.
  • 100 Mio. €/Jahr sind fix für die sogenannten Ökoregelungen, bestehend aus vier ÖPUL-Maßnahmen, vorgesehen.
  • 70 Mio. €/Jahr sind für die Umverteilungszahlungen für die ersten Hektare reserviert. Der Mindestsatz dafür liegt laut EU-Verordnung bei 10 % der Direktzahlungen. Österreich setzt hier auf zwei Stufen: Für die ersten 20 ha gibt es 46 € pro Hektar dazu, für die nächsten 20 ha immerhin jeweils 23 €.

Mitfinanziert wird dies durch das Capping-Geld der größten Direktzahlungsempfänger. Deren diesbezügliche Förderobergrenze wird um 50.000 € auf 100.000 € gesenkt. Zusätzlich können Löhne und Gehälter für Fremdarbeitskräfte nicht mehr angerechnet werden. Diese Nichtabzugsfähigkeit regt die betroffenen Betriebe (ab rund 480 ha Acker) massiv auf.

So unterscheiden sich alte und neue GAP in den wichtigsten Maßnahmen:

Jungbauern und Almauftrieb

Die Junglandwirte-Förderung soll den Einstieg als Betriebsleiter (maximal 40 Jahre) hinweg unterstützen. Über die Ländliche Entwicklung (LE) kommen für Betriebsleiter mit zumindest Facharbeiter-Ausbildung bis zu 15.000 € an Niederlassungsprämie hinzu.

Um den rückläufigen Almauftrieb anzukurbeln und die Almen damit offenzuhalten, wurde dieser für die nächste GAP-Periode aufgestockt. So soll es etwa pro Kuh 100 € sowie 50 € für sonstige Rinder bei einer Mindestalpung von 60 Tagen geben. Bei den Mutterschafen und Mutterziegen liegt diese Prämie bei 95 €.

ÖPUL-Budget bei 574 Mio. €

Die Ländliche Entwicklung (2. Säule) wird laut Aussagen des Landwirtschaftsministeriums (BMLRT) ebenfalls gestärkt. So biete das neue Modul-

system mehr betriebsindividuelle Ausgestaltungs- und Unterstützungsmöglichkeiten. Außerdem wurde das „Herzstück der österreichischen Ländlichen Entwicklung“, das Agrarumweltprogramm (ÖPUL), auf 574 Mio. € pro Jahr aufgestockt. 100 Mio. € davon sind für die vier Ökoregelungen der 1. Säule eingepreist.

Ab 2023 gibt’s mehr Fördergeld, am einzelnen Hof kann aber auch weniger als bisher ankommen.

Bio-Maßnahme bleibt doch

Im Gestehungsprozess der GAP-Umsetzungsstrategie war Bio heftig umstritten. Grund dafür ist die bisherige Bevorzugung von Bio, die so nicht mehr gilt. Leistung muss transparent gemacht werden und nur allfälliger Mehraufwand bzw. konkrete Mehrleistung darf honoriert werden.

Gerade der Dach­verband Bio Austria kämpfte für den Maßnahmenerhalt. Eine Bio-Basis­prä­mie wird es weiterhin geben, die Hektarsätze liegen zum Teil unter dem ­bisherigen Niveau. Die möglichen Zuschläge sind dieselben wie bei UBB (Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Wirtschaftsweise).

Zudem soll es wieder eine eigene Feldgemüseprämie geben. Solch eine „Top up“-Zahlung wird auch für Untersaaten im Ackerbau neu eingeführt.

Zur erhöhten Förderquote bei der Investitionsprämie (+ 5 %) kommt ein eigener Fördertopf für Investitionen auf biologisch wirtschaftenden Betrieben. Außerdem soll es eine Innovationsförderung sowie eine Förderung von Bildung und Beratung in der Biolandwirtschaft geben.

Mehr Tierwohl-Förderung

Die beiden Regierungsparteien haben zudem unter dem Titel Tierwohl Neuerungen und spezifische Fördermaßnahmen im Tierbereich vereinbart. So gibt es ab 2023 mehr Anreize, auf tiergerechte Schweinehaltung umzustellen.

Erstmals wird es eine Förderung für Schweine-Freilandhaltung geben (durch eine Gleichstellung mit Tierwohl-Stallhaltung). Außerdem wird die gentechnikfreie Fütterung (60 €/GVE Zuschlag für GVO-freie Futtermittel aus der EU) und die Haltung von ausschließlich ­unkupierten Schweinen (60 bis 250 €/GVE belohnt.

Bei der Stallhaltung der Rinder gibt es künftig einen 20 €/RGVE-Zuschlag für Festmistkompostierung.

Transparenz und Beteiligung

Ein eigenes GAP-Grundsatzgesetz kommt in Österreich nicht. Die Regierungsparteien einigten sich, die GAP-Ziele und Verfahren weiterhin im nationalen Marktordnungsgesetz festzuschreiben.

Ab 2025 wird es auch einen jährlichen Bericht an den Nationalrat geben, der auch die (Umwelt-)Wirksamkeit der Maßnahmen beleuchten soll. Zukünftig müssen die nationalen GAP-Strategiepläne vor Einreichen bei der EU-Kommission einer öffentlichen Begutachtung unterzogen werden und nicht erst danach.

In welchem Ausmaß die Bauern die neuen Maßnahmen annehmen werden, ist offen. Jedenfalls müssen sie sich mit dem neuen Programm ausführlich beschäftigen und die Maßnahmen klug auswählen, damit sie ihr bisheriges Leistungsentgelt wieder erreichen. Das sieht auch LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger so (siehe dazu das Interview mit Josef Moosbrugger: „Wer mehr leistet, muss höhere Abgeltung kriegen!“ in Ausgabe 2/2022, Seite 13).

Erste Reaktionen - Kritik überwiegt

Während die offiziellen Agrarspitzen Strategie und Programm des BMLRT naturgemäß lobten, sehen die NGOs und die Oppositionsparteien diese weitaus kritischer. Zu wenig ambitioniert, zu wenig klimapolitische Ziele, zudem bleiben klimaschädliche Förderungen von Stallbauten, kein Glyphosatverbot und andere Wünsche werden moniert.

Aber auch agrarische Interessensverbände lassen kein gutes Haar an den nationalen GAP-Umsetzungsplänen: Diese „bleiben hinter dem Anspruch des Regierungsprogramms, die Biolandwirtschaft in Österreich zu stärken, zurück“, beklagte etwa Bio Austria-Obfrau Gertraud Grabmann. Auch die Bio-Basisprämie ist ihr viel zu gering.

Für die Land&Forst-Betriebe werde u. a. auch wegen der neuen Capping-Regeln überhaupt „der Ackerbau in Ostösterreich zu Grabe getragen.“

Die Nichtabzugsfähigkeit der Lohnkosten sei „ein Anschlag auf funktionierende Leitbetriebe und die heimischen Biodiversitätspioniere“, so Vizepräsident Zeno Piatti-Fünfkirchen. „Zudem macht die steigende Trockenheit es immer schwieriger, positive Deckungsbeiträge zu erwirtschaften. Ganz zu schweigen von den Hunderten am Land auf dem Spiel stehenden Arbeitsplätzen.“

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