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Gastkommentar

"Wie Selbstmord mit Anlauf"

Ein Gastkommentar von Josef Kaltenegger zu den jüngsten Bildern aus einem Geflügelschlachthof.

Lesezeit: 4 Minuten

Zu den jüngsten Berichten über die vermeintliche Missachtung von gesetzlichen Vorschriften in einem Geflügelschlachthof (siehe auch unsere Meldung) hat sich Josef Kaltenegger, Unternehmer in der Lebensmittelbranche in Graz seine Gedanken gemacht. Kaltenegger war übrigens auch vor Jahren Chefredakteur von "Neues Land", der Wochenzeitung des Steirischen Bauernbundes. Hier sein Gastkommentar:

"Aus aktuellem Anlass zu den Berichten über die „angeblich verstörenden Zustände bei der Geflügelschlachtung in einem Schlachthof: Wenn Meldungen wie diese im Standard - die Tierhaltung betreffend - weiter so die Massen-Medien dominieren, ist das so, wie wenn man Selbstmord mit Anlauf macht! Die Branche (Landwirtschaft und Verarbeitungsindustrie) versagt in diesen Fragen offensichtlich gnadenlos!! Man hat den Eindruck, dass zu viele handelnde Akteure meinen, man könne diese Ereignisse und die Berichterstattung dazu aussitzen! Aus meiner Sicht kann man gar nichts aussitzen, weil es heute ein Mediensystem gibt, welches nicht steuerbar ist.

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"Dramatischer Paradigmenwechsel notwendig"

Diese Berichte über fragwürdige Formen der Tierhaltung werden - insbesondere den Schweine- wie auch den Geflügelbauern - bei uns das ökonomische Genick brechen, wenn man sich nicht zu einem dramatischen Paradigmenwechsel bei vielen Fragen zur Tierhaltung wie zur Landbewirtschaftung durchringt! Das betrifft die Haltungsformen, die Art der Schlachtung und damit insgesamt, wie man mit dem Tier umgeht. Wer hier Möglichkeiten für Kritik offen lässt, dem ist nicht zu helfen!

"Endlich den Mut aufbringen, Importe rigoros zu kontrollieren"

Es gilt zudem: Wenn die Politik wie die Standesvertretung nicht sofort den Mut und den Willen aufbringen, bei den Importen von Lebensmitteln rigorose Kontrollen einzuführen und eine komplette Gleichstellung bei der Produktion von importierten Lebensmitteln erzwingen, dann Gute Nacht heimische Bauern. So werden das unsere Tierhalter ökonomisch nicht überleben. Es sollten daher dringendst alle entscheidenden Köpfe einmal ohne Scheuklappen und ohne Ausreden oder „Alibierklärungen“ diese Debatte – zuerst intern – führen und dann solche Entscheidungen/Vorgaben auf den Tisch legen (selbst wenn sie dem einen oder anderen nicht passen oder weh tun), die diesem Wahnsinn ein Ende setzen.

Die Spielregeln müssen sich radikal ändern!

Die Bauernvertretung muss konkret sagen, was es für die Produzenten braucht, damit sie ökonomisch Perspektiven haben. Neben dem Thema Importwaren und gleiche Produktionsbedingungen gehört zum Paradigmenwechsel, dass es z.B. einen neuen Weg bei der Verrechnung braucht. Jeder Unternehmer hat bei einer Rechnungslegung alle Kosten in seiner Rechnung drinnen, dazu einen Gewinnanteil. Dann funktioniert das Unternehmen. Bei den Bauern ist es in der Regel so, dass sie das bekommen, was übrigbleibt. So kann das nicht funktionieren.

Eine korrekte Verrechnung wäre: Der Milchbauer braucht z.B. zu den Produktionskosten von rund 50 Cent einen Gewinnaufschlag von z.B. 20 Cent. Dieser Betrag ist auszuzahlen. Dieses Modell muss für alle Sparten an Lebensmitteln gelten. Am Tisch zum Ändern des Paradigmenwechsels müssen die Bauern mit den Verarbeitern – die Verarbeitungsindustrie und dem Lebensmittelhandel sitzen. Die Angst vor den Wettbewerbshütern ist unbegründet. Wenn die OPEC beim Erdöl über Fördermengen und Preis bestimmen kann, dann wird das bei Lebensmitteln umso mehr möglich sein. Das Ganze nennt man Spielregeln. Diese passen derzeit in der EU mit der GAP rein gar nicht. Sie bevorzugen Industrie und transatlantische Konzerne auf Kosten der europäischen Bauern.

In Zeiten, wo die Versorgungssicherheit ein zentrales Thema ist, muss es eine staatliche Verpflichtung geben, die regionale Landwirtschaft zu stärken. Daher braucht es Spielregeln, die gesetzlich bindend sind und die Austauschbarkeit nicht ermöglichen. Das stärkt nicht nur die Souveränität des Staates, sondern auch die regionalen Volkswirtschaften. Ein Staat hat nicht globalen Konzernen oder geostrategischen Interessen von Staaten zu dienen, sondern in erster Linie den Bürgern und den Berufsgruppen im eigenen Land.

Joschi Kaltenegger

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