2. Teil der Serie - Beispiele aus der Praxis von Anja Rautnig
Die meisten Photovoltaik (PV)-Anlagen sind auf Gebäuden installiert. Die Technik dafür ist erprobt und liefert gute Ergebnisse. Allerdings bieten auch andere Flächen großes Potenzial für den Einsatz von innovativen PV-Systemen.
Agri- und Freiflächen-PV
Ertragsschwache oder belastete Böden bieten sich für Freiflächen-PV an, Weidezäune können durch senkrecht stehende PV-Module ersetzt und empfindliche Kulturen oder Kleinvieh durch aufgeständerte PV-Anlagen geschützt werden. Wichtig ist hierbei zwischen Freiflächen-PV und sogenannter Agri-bzw. Agro-PV zu unterscheiden.
Unter Agri-PV versteht man eine Sonnenstromerzeugung auf gleichzeitig landwirtschaftlich genutzter Fläche, wobei die Landwirtschaft mindestens 80 % der gesamten Fläche ausmachen muss. In Österreich wird Agri-PV unter anderem mit dem im April verabschiedeten EAG-Investitionszuschuss gefördert. Die meisten Agri-PV-Anlagen sind allerdings noch Forschungsprojekte und nicht ausreichend wirtschaftlich.
Melken mit Sonnenstrom
Die Landwirtschaft ist nicht nur deshalb für PV-Projekte so attraktiv, weil sie ein großes Flächenpotenzial mitbringt, sondern auch, weil der Strom-bedarf für den Betrieb – je nach Bewirtschaftungsform – relativ hoch ausfallen kann.
Ein Beispiel dafür ist der Biohof von Erika und Martin Fischer in St. Lorenzen am Wechsel. Der mit Sohn Johannes geführte Vollerwerbsbetrieb mit 30 Milchkühen und Stiermast mit teilweiser Schlachtung am Hof und anschließender Direktvermarkung braucht knappe 24.000 kWh Strom im Jahr. Bereits 2012 hat der zukunftsorientierte Landwirt eine 20 kWp PV-Anlage am Scheunendach errichten lassen und seinen grünen Strom ins Netz eingespeist.
Im Vollbetrieb liefert die Anlage heute immer noch 19,7 kWp. Die ursprünglichen Investitionskosten von 43.000 €, die zum Großteil vom Maschinenring (MR) Hartbergerland vorfinanziert wurden, haben sich innerhalb von sieben Jahren amortisiert. Nach diesem ersten Erfolg setzt Fischer noch eins drauf: Letztes Jahr baute er eine neue 18 kWp PV-Anlage dazu. Beschränkt wurden die Ausbaupläne durch eine begrenzte Netzleistung, der Landwirt darf maximal 25 kW einspeisen.
Daher investierte Fischer zusätzlich in einen 45 kW Lithium-Eisenphosphat (LiFePo)-Batteriespeicher. Dieser funktioniert als Insellösung für den Betrieb und senkt den Eigenbedarf an Netzstrom. Heute muss der Betrieb nur mehr etwa 12 000 kWh Strom zukaufen, die Stromkosten wurden halbiert.
Genug Speicher für die Nacht
Der Speicher ist so konzipiert, dass er vollgeladen den Betrieb und das Wohnhaus die ganze Nacht über mit Strom versorgen kann und auch den Melkvorgang in der Früh abdeckt. Zudem verfügt die Batterie über eine smarte Laderegelung, die sich saisonal anpasst. So kann eine Entladung auf bis zu 10 % im Sommer eingestellt werden und im Winter nur auf etwa 50 %. Damit sind für das Wohnhaus immer genug Stromreserven verfügbar.
Spitzenlasten reduzieren
Ein wesentliches Thema bei der Stromabrechnung ist neben der Menge an verbrauchtem Strom auch der zeitliche Bezug. Denn die Viertelstunde mit dem höchsten Stromverbrauch im Monat dient dem Netzbetreiber als Berechnungsgrundlage. Und Spitzenstrom ist teuer! Deswegen schätzt Florian Summerer, der mit seiner Familie eine Schweinezucht mit kleinem Mastanteil im Vollerwerb führt, an seiner 2021 neu errichteten 40 kWp PV-Anlage am meisten die Senkungen der Stromspitzen. Hauptverbraucher ist seine Getreidetrocknungsanlage, die im Sommer und Herbst früher durchschnittlich 80 bis 90 kW Leistung vom Netz bezog. Durch den Einsatz der eigenen PV-Anlage werden jetzt nur mehr 55 bis 60 kW Netzstrom benötigt. Die PV-Anlage konnte bislang 16.000 von den benötigten 28.000 kWh für den Betrieb bereitstellen.
Diese ersten PV-Erfolge am Hof haben bei Florian Summerer die Motivation für einen Ausbau geweckt. Er plant, seine PV-Fläche zu verdoppeln und seinen Betrieb mit den insgesamt 80 kWp möglichst energieautark zu führen.
Rundum-Service vom MR
Außerdem plant Summerer mit dem MR Hartbergerland zusammen, eine 500 kWp starke Anlage auf einem Lehm-Steine-Acker, der landwirtschaftlich nur schlecht nutzbar ist. Der Strom soll eingespeist und verkauft werden und dem Schweinezüchter so als zusätzliche Einnahmequelle dienen. Beide PV-Projekte der Landwirte Fischer und Summerer wurden vom MR Hartbergerland betreut und umgesetzt.
Der Service kann sich sehen lassen: Alle administrativen Wege, von Förderansuchen bis hin zu den notwendigen Genehmigungen und den Vertragsverhandlungen zum Einspeisetarif, übernimmt der MR, ebenso wie die Planung, Installation und Montage der PV-Anlage. Das Einzige, was der Landwirt stellen muss, ist seine Unterschrift, den Platz für die Anlage und ein Viertel der Anlagenkosten.
Rasant Steigende Nachfrage
Beide Landwirte zeigen sich sehr zufrieden mit der Betreuung durch den Maschinenring. Auch die steigende Projektnachfrage spricht für deren Qualität: Im ersten Quartal 2022 konnte der Umsatz durch PV verdoppelt werden, berichtet Hannes Windhaber, Geschäftsführer des MR Hartbergerland.
Er fühlt sich an die Anfänge der PV-Aktivitäten des MR zurückerinnert: Damals, im ersten Geschäftsjahr 2010, wurde der Informationsabend, der für 40 Leute ausgelegt war, von 120 Interessenten gestürmt. Schon im ersten Jahr reichten sie über 250 Projekte ein.
Die nun erneut rasant steigende Nachfrage sorgt beim MR nicht nur für höhere Umsätze, sondern führt auch zum Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes, nämlich der Verwaltung, Wartung und Instandhaltung von bestehenden PV-Anlagen als Dienstleistung.