Das Angebot klingt verlockend: keine Investitionskosten, kein Planungsaufwand, günstiger Solarstrom und irgendwann die eigene PV-Anlage. PV-Contracting wird immer beliebter, ist aber nichts für jeden.
Immer häufigerer sieht man die Paneele von großen Photovoltaik (PV)-Anlagen auf den Dächern von Unternehmen und Privatgebäuden oder als Freiflächenanlagen. Viele Anlagen werden von den Eigentümern selbst errichtet, doch es gibt auch andere Lösungen.
Hoher Aufwand
Der Planungs- und Organisationsaufwand für eine eigene PV-Anlage ist gehörig: Papierberge wälzen, Amtswege ablaufen und immer wieder am Telefon hängen. Das weiß auch Stefan Greiler aus St. Veit in Kärnten, der letztes Jahr in eine eigene, knapp 90 kW starke PV-Anlage auf dem Dach der Maschinenhalle investiert hat. Für die 140 Milchkühe, zwei Melkroboter, Milchkühlung, den Futterschieber und Einstreu-roboter sowie sonstige Stromverbraucher benötigt er rund 75000 kWh Strom im Jahr. Dabei ist der Verbrauch vom Privathaus nicht mit eingerechnet.
Die Motivation, sich mit eigenem Strom versorgen zu können, war also sehr hoch. Ausschlaggebend für die Umsetzung des PV-Großprojektes war der am freien Markt erhältliche Einspeisetarif von 27 Ct je kWh. Diese Möglichkeit, mit PV dazuzuverdienen, ließ sich der Junglandwirt nicht entgehen. Allerdings waren bis zur Inbetriebnahme der PV-Anlage viele größere und kleinere Hürden zu bewältigen.
Der wichtigste Schritt war die Wahl des PV-Planers. Dazu ließ sich Greiler im Herbst 2020 von mehreren Firmen beraten, bis er den richtigen Umsetzungspartner gefunden hatte. Die PV-Firma übernahm dann für ihn die Kommunikation mit dem Netzbetreiber (KELAG), prüfte die Anschlüsse, vermaß die Dachflächen und führte alle Berechnungen durch. Die Kalkulationen ergaben eine Amortisationszeit der knapp 100000 € teuren Anlage von 6 bis 7 Jahren. Nachdem die Strompreise seitdem gestiegen sind, rechnet Greiler damit, dass sie sich sogar noch früher amortisieren wird.
Neben diesen planerischen Aufgaben musste der Landwirt selbst noch Amtswege wie beispielsweise die Bauanzeige bei der Gemeinde erledigen, diverse Förderungen recherchieren, aufbereiten und einreichen.
Contracting als „Rundum-sorglos-Paket“
Deutlich weniger bzw. keinen Aufwand hat man als Eigentümer beim sogenannten PV-Contracting (Englisch „contract“ = Vertrag). Dabei handelt es sich grundsätzlich um eine Finanzierungsart einer Photovoltaikanlage. Hier wird die Dachfläche oder ein landwirtschaftlicher Grund an den Contracting-Geber, den Contractor, verpachtet.
Dieser plant – meist zusammen mit dem Eigentümer – die PV-Anlage, finanziert und installiert sie. Der Contractor ist somit wirtschaftlicher Eigentümer der Anlage. Außerdem ist er für die Wartung und Instandhaltung verantwortlich.
Das Contracting-Modell punktet besonders damit, dass alle Aufgaben von der Planung bis hin zu allen notwendigen Amtswegen, Förderansuchen usw. und das gesamte wirtschaftliche und technische Risiko, zum Beispiel durch außerplanmäßige Reparaturarbeiten, der Contractor übernimmt.
Egmont Fröhlich, Geschäftsführer der SOL Photovoltaic Capital GmbH, hat langjährige Contracting-Erfahrung, auch in Zusammenarbeit mit Landwirten, und sieht für beide Seite eine Win-win-Situation: „Wir bieten den Grundeigentümern die Möglichkeit, sich auf ihr Stammgeschäft, nämlich die Landwirtschaft, zu konzentrieren, während wir uns voll und ganz um die PV-Anlage kümmern. Außerdem erhält der Landwirt nicht nur die Pacht für die von ihm zur Verfügung gestellte Fläche von uns, sondern profitiert auch am unternehmerischen Erfolg der Anlage mit.“
Darauf gilt es zu achten
Grundsätzlich gibt es am Markt verschiedenste Varianten von PV-Contracting-Modellen. Wann sich welches Modell rentiert, ist von Fall zu Fall verschieden. Die wesentlichen zwei Wirt-schaftlichkeitsfaktoren sind der Eigenstromverbrauch und der Strompreis-bezug des Kunden. Je höher Eigenstromverbrauch und Strompreis sind, desto eher wird sich ein PV-Contracting rentieren. Hilfreich sind auch Förderungen durch das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) wie z.B. ein garantierter Einspeisetarif oder Investitionszuschüsse, die von der ÖMAG abgewickelt werden. Im Idealfall entsteht eine Situation, indem der Kunde günstigen Solarstrom vom Contractor bezieht und der Contractor mit der Anlagenpacht Gewinn macht.
Allerdings sind Contracting-Verträge aufgrund der hohen Investitionskosten des Contractors längerfristig angelegt, meistens zwischen 10 und 25 Jahren. Deswegen sollte der Vertrag gut und verständlich formuliert und ausreichend geprüft werden.
In dem Vertrag muss der genaue Leistungsumfang des Contractors sowie dessen Pflichten wie beispielsweise die Wartung festgehalten sein. Außerdem müssen die Vertragslaufzeit, Kündigungsfrist sowie mögliche Preisänderungen, Haftungsfragen, Abschlagszahlungen und die Abrechnungsmodalitäten festgelegt werden.
Das richtige Contracting-Modell zu finden, kostet ein wenig Zeit, die man jedoch unbedingt investieren sollte. Sonst wird aus dem „Rundum-Sorglos-Paket“ eine nicht gewollte Sorgenfalle.
Aber mit dem richtigen PV-Partner ist der Traum von der Strom-Selbstversorgung einfach, schnell und sicher umsetzbar. Sowohl Landwirt Greiler als auch Contractor Fröhlich sind sicher, dass die Energiekrise noch nicht überwunden ist und die steigenden Preise ein PV-Projekt in jedem Fall interessant machen, sowohl als Eigeninvestition als auch im Contracting. Anja Rautnig
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