Die österreichische Landwirtschaft unterliegt seit Jahrzehnten dem Credo „wachse oder weiche“. Jedoch muss uns endlich klar werden, dass es so nicht weitergeht. Seit dem EU-Beitritt 1995 ist Österreich Teil des freien Marktes. Dies verändert den Markt radikal, die Gegebenheiten unserer Landschaft, Topografie und Natur bleiben aber dieselben. Wir können zwar versuchen, alles aus unserem Boden und unseren Tieren herauszupressen, um beim steigenden Marktkampf mithalten zu können. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise ist das allerdings nicht.
Das zeigt das Beispiel Milch: Wir wollen mit leistungsfähigeren Kühen noch mehr Milch produzieren. Jeder Liter Milch mehr bedeutet auch mehr Lohn. Doch für welchen Preis? Für die Kühe benötigen wir mehr Futter – insbesondere Kraftfutter, das wir meist zukaufen müssen.
Laut den österreichischen Molkereien wird rund die Hälfte der angelieferten Milch exportiert. Unterm Strich produzieren wir also am Markt vorbei. Da wundert es mich nicht, dass der Milchpreis so niedrig ist. Das ist das Einmaleins von Angebot und Nachfrage: Wird zu viel angeboten, ist das Produkt günstig. Ist ein Gut jedoch rar, ist es teurer. Wir Bäuerinnen und Bauern müssen beginnen, qualitätsvoller zu produzieren. Dabei geht es nicht nur um die Inhaltsstoffe der Milch, sondern auch um die von der Gesellschaft geforderten Faktoren wie Tierwohl, Standortgerechtigkeit und Klimaeffizienz.
„Milchbetriebe sollten von Winzern lernen, bevor es am Milchmarkt knallt!“
Dieses Prinzip haben die österreichischen Weinbaubetriebe schmerzlich gelernt. Der Skandal um billigst produzierten, österreichischen Wein ließ den Preis ins Bodenlose fallen. Folge: Viele Winzerinnen und Winzer haben ihren Beruf an den Nagel gehängt. Und es passierte das, was nach dem besagten Einmaleins des Marktes passiert: Österreichischer Wein wurde ein rares Gut, die verbliebenen Betriebe haben die Qualität massiv gesteigert und entsprechend stieg der Wert wieder. Heute ist österreichischer Wein ein absolutes Qualitätsprodukt.
Was können Milchbäuerinnen und -bauern daraus lernen, bevor es auf dem Milchmarkt knallt? Wir müssen beginnen, unseren Bauernhof als Unternehmen zu begreifen. Dafür sollten wir unsere Ausgaben und Einnahmen genauestens im Griff haben, unser eigenes Handeln hinterfragen und vor allem: Hören wir auf, auf andere wie die Politik oder die Standesvertretung zu schimpfen.
Beginnen wir stattdessen, selbst aktiv zu werden und werden wir uns bewusst, dass unser Mehrwert eine qualitative statt quantitative Produktion ist. Nicht jede und jeder muss unsere Milch trinken – es soll ein Wollen sein, weil sie schlicht besser ist. Besser im Sinne von klimaeffizienter, natürlicher sowie tierwohl- und standortgerechter Landwirtschaft. Die gesellschaftlichen Erwartungen in diese Richtung werden immer höher. Das ist keine Bedrohung, sondern unsere Chance – nutzen wir sie!