Das Ende der Vollspalten ist mit 1. Jänner 2040 besiegelt. Branchenvertreter sehen die Zukunft mit mehr Tierwohl, wollen aber auch Wertschöpfung für die Bauern und forschen an praktikablen Lösungen.
Jede Form der Einschränkung in Hinblick auf die Freiheit der Produktion ist nicht lustig“, sagt Johann Schlederer, Geschäftsführer der Schweinebörse. Das Tierwohlpaket ist beschlossene Sache, die Vollspaltenböden sollen ab Ende 2039 Geschichte sein. „Wir haben zumindest eine lange Übergangsfrist für die bestehenden Ställe erzielt“, sagt Schlederer, der in die Verhandlungen mit der Regierung eingebunden war. „Als Insider kann ich bewerten, wie mühsam das alles war und wie weit die Bandbreite der Ergebnisse hätte sein können. Ich persönlich bin nicht unzufrieden mit dem Ergebnis, aber es ist auch kein Grund, euphorisch zu sein.“
Das Gros der Branche sei jedenfalls erleichtert, dass eine Entscheidung gefallen ist. „Der Prozess der vergangenen Jahre war sehr schwierig für alle Beteiligten. Kürzere Fristen hätten den Strukturwandel sicher beschleunigt“, sagt Hans Peter Bäck, stv. Geschäftsführer von Styriabrid. Laut Agrarstrukturerhebung gab es 2020 in Österreich 24733 Betriebe mit Schweinehaltung, 2010 waren es noch mehr als 39000 Betriebe, die Mastschweine oder Ferkel hielten, wie die Statistik Austria erhob.
Lösungen in Arbeit
Jene Betriebe, die jetzt vor einem Umbau stehen, müssen die verbesserten Haltungssysteme nach dem Förderstandard sowieso umsetzen, sie haben auch Planungssicherheit, denn es wird 23 Jahre einen Investitionsschutz für Neubauten geben.
Bis 2027 sollen außerdem die Ergebnisse des Projekts IBeST (Innovationen für bestehende Aufzucht- und Mastställe für Schweine in Österreich – zum Wohl von Tier und Mensch) präsentiert werden. Hier werden Systeme entwickelt, um bestehende Stallungen tierwohlkonform umzubauen. Sie sollen aber auch für die Landwirte praktikabel sein und Gewinne ermöglichen.
„In Gumpenstein haben wir einen Versuchsstall errichtet und es gab bereits die ersten Durchgänge im System, die funktionieren“, sagt Bäck. Es wird mit Ökospalten und neuen Strukturierungen bei den Buchten gearbeitet. „Die Vorstellung von einer tiefgestellten Liegefläche und ein Drittel zubetonierter Bucht funktioniert nicht in dem Umfang, es gibt modernere Systeme“, meint Bäck.
Neun Aufzucht- und neun Mastbetriebe in ganz Österreich nehmen an dem Projekt teil. Begleitet wird es von Wissenschaftlern der BOKU, Experten und Stallbaubetrieben. „Schnellschüsse können wir nicht brauchen, die Ergebnisse werden 2027 vorgelegt, bis dahin haben wir genug Erfahrungen gesammelt“, sagt Bäck.
Folgeprojekte für TIerwohl
Klar ist für Schlederer, es war nicht die letzte Tierwohl-Verschärfung für die Branche. Weil die EU das Schwanzkupieren verbieten will, plant der VÖS auch ein Folgeprojekt, das sich mit der Haltung von unkupierten Schweinen befasst. „Es ist zwar eine Herausforderung, aber umsetzbar, die gehobenen Erwartungen, die an die Landwirtschaft gestellt werden, zu erfüllen“, sagt VÖS-Obmann Walter Lederhilger. Denn die EU fordert, dass nur in Ausnahmefällen Schwänze kupiert werden.
Lederhilger weist aber auch darauf hin, dass der wirtschaftliche Druck auf die Betriebe im Moment enorm sei. Die Vermarktung der Tierwohl-Produkte sei die nächste Herausforderung. Hier sieht Bauernbund-Präsident Georg Strasser die Handelskonzerne ebenso gefordert wie die Konsumenten: „Wenn der Handel schon Forderungen an die Landwirtschaft stellt, dann erwarten wir im Gegenzug, dass Produkte mit hohen Standards ins Regal gelegt werden.“
Weg aus dem Schussfeld
Die Bilder, die der Verein gegen Tierfabriken aus Schweineställen an die Öffentlichkeit brachte, seien laut Schlederer kontraproduktiv gewesen. „Diese Bilder hatten nichts mit dem Vollspaltenboden zu tun, sondern mit Missachtung der Betreuungsverantwortung in der Tierhaltung, aber es wurde alles auf die Böden projiziert. Durch die jetzige Entscheidung kommen wir hoffentlich aus dem Schussfeld der NGOs“, sagt der Schweinebörse-Geschäftsführer. Denn auch die öffentliche Verurteilung und die Stalleinbrüche setzen den Schweinehaltern zu.
„Die Aktivisten würden jetzt vermehrt bei den Handelsketten und der Gastronomie vorstellig werden“, zitiert Strasser die Aussendung einer NGO. Fakt sei, „nach der Novelle haben wir eines der tierfreundlichsten Nutztierhaltungsgesetze in der EU.“ ▶
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