Immer mehr Bauern – vor allem aus dem Biobereich – suchen nach Wegen, um dem Tierschutz auch bei der Schlachtung ihrer Tiere gerechter zu werden. Das Ziel dabei: möglichst am Heimbetrieb schlachten und damit den Tieren lange Transportwege ersparen.
Die Bauern und Bäuerinnen nehmen ihren Beruf sehr ernst. Sie sind für das Wohlergehen ihrer Nutztiere verantwortlich und gehen mit diesen daher auch sehr sorgsam um. Besonders die Stressbelastung der Tiere soll durch die Schlachtung in gewohnter Umgebung reduziert werden.
Gerade Stress und Angst vor der Schlachtung kann die Fleischqualität negativ beeinflussen. Denn durch die Ausschüttung von Stresshormonen und den Abbau von Glykogen kommt es zu einer Übersäuerung des Fleisches, wodurch eine ordentliche Fleischreifung verhindert und die Haltbarkeit des Fleisches verschlechtert wird. Von Genuss keine Spur!
Strenge Anforderungen
Im benachbarten Ausland gibt es bereits die Möglichkeit der stressfreien Schlachtung von Nutztieren. Ein Trend, der sich auch auf Österreich ausdehnt.
Mehrere Anläufe interessierter Bauern in der Vergangenheit wurden von den Behörden – oder besser gesagt von der Rechtslage – ausgebremst. Ein Verfahren landete gar beim Verwaltungsgerichtshof. Denn es gibt rigide gesetzliche Auflagen sowohl für den Schlachttiertransport als auch für den Betrieb einer Schlachtanlage (Schlachthof bzw. Schlachtraum) selbst.
So dürfen laut EG-Verordnung 853/ 2004 nur lebende Tiere zur Schlachtung in eine Schlachtanlage gebracht werden. Ausgenommen davon sind nur außerhalb des Schlachthofs notgeschlachtete Tiere, freilebendes Wild sowie im Haltungsbetrieb geschlachtetes Farmwild.
Für kleine Schlachtbetriebe gibt es allerdings praxistaugliche nationale Ausnahmen und Erleichterungen. So dürfen Kleinbetriebe in ihren amtlich zugelassenen Schlachträumen (mit Zulassungsnummer) neben der Schlachtung auch die Zerlegung vornehmen, wenn dies zeitlich getrennt erfolgt. Bei großen Schlachtern müssen diese Arbeitsschritte hingegen immer räumlich getrennt durchgeführt werden.
Unter Leitung des Sozialministeriums hat sich eine Arbeitsgruppe mit der Thematik „stressfreiere Schlachtung am Hof“ ausführlich befasst. Auf Basis der ausgearbeiteten Empfehlungen hat das Ministerium im heurigen Frühjahr dann entsprechende Handlungsanweisungen in Form eines Erlasses an die Landeshauptleute herausgegeben. Diese beschreiben ausführlich, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Länder in mittelbarer Bundesverwaltung die Bewilligung für eine teilmobile Schlachtanlage erteilen dürfen.
Steirische Pioniergruppe
Die jahrelangen Bemühungen direktvermarktender Bauern auf der Koralm führte im Zuge eines Leader-Projekts zum Erfolg. In Kooperation mit dem Amtstierarzt und der Veterinärabteilung des Landes wurde der nun im Einsatz stehende Schlachtanhänger vom Verein stressfrei.st (www.stressfrei.st) konzipiert. Gebaut hat ihn dann eine spezialissierte Maschinenbaufirma. Insgesamt haben die beteiligten Bauern 28000€ investiert.
Ende April wurde die mobile Schlacht-teinheit in Verbindung bzw. in Erweiterung der bestehenden Bewilligung für den Schlachtraum ihres Mitglieds Hannes Kienzer befristet zugelassen. Folgende Auflagen sind penibel einzuhalten:
- Die Schlachtung muss im Herkunftsbetrieb des Rindes erfolgen, wobei das Tier zur Betäubung mit dem Bolzenschussapparat im Fressgitter fixiert sein muss.
- Unmittelbar darauf ist der Tierköper auf die mobile Schlachteinheit zu verbringen und dort zu entbluten. Das Blut muss aufgefangen, mit dem Tier in den Schlachtraum gebracht und dort entsorgt werden.
- Die in der mobilen Schlachteinheit begonnene Schlachtung muss in der Betriebsstätte zu Ende geführt werden.
- Das Ausweiden des Tierkörpers in der Betriebsstätte (Schlachtraum) muss spätestens 60 Minuten nach der Betäubung beendet sein.
Keine Weideschlachtungen
Der Traum echter Weideschlachtungen (Betäubung und Entblutung ohne Fixierung direkt auf der Weide) bleibt hierzulande weiter unerfüllbar. Bereits 2012 war bei den Rindern mittels nationaler Gesetzesadaption vorgesehen, Weideschlachtungen wie etwa beim Farmwild, zu ermöglichen. Dies ließ damals die EU-Kommission allerdings nicht zu.
In Deutschland und der Schweiz sind echte Weideschlachtungen unter bestimmten Auflagen aber sehr wohl zugelassen. So werden in Deutschland aufgrund einer entsprechend auslegbarer Textpassage im deutschen Verordnungstext Weideschlachtungen durchgeführt. Dies mit Duldung der jeweiligen lokalen Behörden.
In der Schweiz wiederum bekam ein Landwirtehepaar nach mehrjähriger Anlauf- und Testphase mit Unterstützung der Tierschutzorganisation Vier Pfoten und des FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) 2018 eine Einzelgenehmigung für zehn Jahre. Geschossen wird dort von einem eigenen Schießstand (eine Art Jägerhochsitz) aus. Der Stress durch das Separieren aus der Herde, der Transport, eine fremde Umgebung und die Fixierung für den Bolzenschuss fällt so weg. Trotz Schuss bleibt der Rest der Rinderherde in der Koppel sehr ruhig, wird berichtet.
Keine mobilen Schlachthöfe
Ähnlich ist die Situation bei den vollmobilen Schlachthöfen. So besitzt ein Vorarlberger Fleischhauer seit mehreren Jahren einen mobilen Schlachthof. Einsetzen darf er diesen aber nur für die Gewinnung von Fleisch für den eigenen Verzehr, also für die sogenannte Hofschlachtung. „Es gibt aktuell keinen gesetzlichen Rahmen für die Zulassung eines mobilen Schlachtbetriebes“, klärt Vorarlbergs Landesveterinär Dr. Norbert Greber auf. Demnach ist neben dem Verkauf auch eine kostenlose Abgabe an Dritte untersagt. Auch die mancherorts getätigte Praxis, wo ein Endkunde ein lebendes Tier kauft und dann die Schlachtleistung extra zukauft, wurde 2018 vom Sozialministerium als illegal untersagt.
Überschaubarer Markt
Die Idee des stressfreieren Schlachtens am Hof ist nicht massenhaft umsetzbar. Es bleibt letztlich ein Minderheitenprogramm. So haben etwa Oberösterreich und Vorarlberg schon vor dem Ministeriums-Erlass mobile Schlachteinheiten prinzipiell ermöglicht. Trotzdem gab es dort keine echten Projektinteressierten.
Beim Verein stressfrei.st auf der Koralm hingegen ist die Beantragung einer zweiten Mobileinheit bereits im Laufen. Damit können nach den ersten sechs auch die restlichen fünf Mitgliedshöfe künftig stressfreier schlachten.
spanring@topagrar.at