Das erste stricklose Versteigerungssystem Österreichs ist im Vermarktungszentrum Regau installiert worden. Anfang April fand die erste Großviehversteigerung statt, wir waren dabei.
Sinkende Auftriebszahlen und ein in die Jahre gekommenes Versteigerungszentrum veranlassten den Rinderzuchtverband Vöcklabruck (OÖ) dazu, das Vermarktungszentrum Regau zu renovieren. „Vor allem für die größeren Betriebe ab 50 Kühen wurde der Aufwand, Tiere über die Versteigerung zu verkaufen, zu groß“, berichtet Geschäftsführer Franz Gstöttinger. „Für sie bedeutete es zusätzlichen Aufwand und Stress, die Laufstall-gewohnten Tiere am Strick im Ring zu präsentieren. Lieber verkauften sie die Kühe aus dem Stall heraus.“
Schnell war für Geschäftsführer, Obmann und Ausschuss klar, dass bei einer Renovierung über einen Systemwechsel nachgedacht werden muss. In mehreren Exkursionen zu den stricklosen Versteigerungszentren in Bayern (Miesbach, Osterhofen, Wertingen) kristallisierte sich heraus, auch Regau zu einem neuen Treibsystem umzubauen. „Wir waren fasziniert, wie ruhig die Versteigerungen abgelaufen sind. Das hat uns überzeugt“, erzählt Gstöttinger.
Ruhiger Ablauf
Nach einem Jahr Bauzeit wurde das neue Vermarktungssystem nun Anfang April eingeweiht. 87 Kühe und Kalbinnen wurden flott und zu guten Preisen vermarktet. 36 Fleckvieh-Kühe in guter Qualität (28,2 Liter Milch) kosteten im Schnitt 2065 €. Auch der Durchschnittspreis der 51 angebotenen niedertragenden Kalbinnen für den Export war mit 1796 € gut. Mit dem Ablauf war Franz Gstöttinger zufrieden: „Die Tiere waren ruhig, das System hat sich bewährt.“ Nur ein paar Kleinigkeiten sollen noch nachgebessert werden: Einige Texas-Tore waren noch etwas schwergängig und bremsten die Tiere, zudem warfen die Fenstersprossen durch die Sonneneinstrahlung Schatten auf den Boden, die die Tiere irritierten.
Skeptiker überzeugt
Auch bei Verkäufern und Kaufinteressenten war die Stimmung gut, neugierig wurde das System beäugt. Am Ende waren auch die Skeptiker überzeugt: Das Treibsystem bedeutet weniger Stress für Tier und Mensch! „Wir hoffen, mit diesem System ein Höchstmaß an Komfort und Service für unsere Mitglieder zu bieten“, sagt Obmann Gerhard Eichstiel. „Damit wollen wir die Auftriebszahlen halten und im besten Fall sogar wieder steigern.“
Rund 1,8 Mio. € investiert der Rinderzuchtverband in sein neues Vermarktungszentrum, in das auch Büro und Verwaltung integriert wurden. Davon wurden ca. 25% gefördert. Die Versteigerungsgebühren wurden nur geringfügig um 2,5% auf 7,5% angehoben.
So läuft die Versteigerung ab
- Für den Verkäufer endet die Arbeit an der Abladerampe, ab hier übernehmen die insgesamt zehn Angestellten des Versteigerungszentrums. Angeliefert werden die Kühe geschoren, mit Strick um den Kopf und leeren Eutern.11
- Nacheinander werden die Tiere durch zwei Waschstraßen geschleust. Dort werden die Kühe mit 20°C warmen Wasser auf Fußbodenheizung gesäubert.12
- Nun führt der Gang über die Waage. Dort erfolgen auch die Stempelung der Katalognummern und die Klassifizierung.13
- Nächste Station ist der Tierarzt: Von allen Kühen in Milch werden viertelindividuelle Milchproben gezogen und zur bakteriologischen Milchuntersuchung ins Rieder Labor geschickt. Bei allen Kühen ohne Probemelkergebnis oder mit auffälligem Zellgehalt (>140000 Zellen/ml) wird zusätzlich ein Schalmtest durchgeführt.14
- Nun geht’s in den Stall. In kleinen Gruppenboxen für drei bis vier Tiere können sich die Kühe ausruhen. Die meisten beginnen sofort, Heu zu fressen. Dabei werden sie im Fressfanggitter fixiert. Der Strick am Kopf hilft hier im Notfall, die Kuh ins Fressgitter zu bringen. Erst wenn alle Kühe fixiert sind, werden die großen Tore für die Besucher geöffnet und die Tiere zur Besichtigung freigegeben.15
- Zur Versteigerung werden die Kühe boxenweise über einen langen Gang in die Arena getrieben. Hier sind neben Zu- und Abtrieb der Kühe auch ein Treibgang für die Mitarbeiter sowie ein Besuchergang untergebracht. Bevor es in den Ring geht, warten die Kühe einzeln in einer Fangbox. „Diese geht auch unter Belastung, also wenn das Tier nach vorne drängt, leicht zu öffnen. Ebenso wichtig ist auch der schnelle Schließmechanismus. Die Bedienung erfolgt aus Sicherheitsgründen seitlich“, erklärt Franz Gstöttinger. „Ohne die seitlichen Planken würden die Tiere nervös, wenn sie alleine warten müssen.“16
- Der Ring selbst ist vom Platzangebot bewusst knapp gehalten. So kommen die Kühe nicht ins Rennen. Auffällig: Trotz vieler Menschen, Lautsprecher und Blitzlicht blieben die Tiere ruhig.17
- Nach der Versteigerung werden die Tiere über den Rück-Gang wieder in ihre Gruppenbox getrieben und später über die Verladestationen einzeln abtransportiert.18
felicitas.greil@topagrar.at