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Immer mehr Tiroler Milchbauern wechseln zur Berchtesgadener Land

Seit 2020 wechselten sieben Tiroler Landwirte mit ihrer Milch zur bayerischen Berchtesgadener Land. Weitere 15 Bauern mit 6,9 Mio. kg folgen mit Jahresende. Berglandmilch und Landwirtschaftskammer sind verschnupft.

Lesezeit: 5 Minuten

Bisch a Tiroler, bisch a Mensch. Bisch koana, bisch koana!“ Dieser bekannt-brutale Sinnspruch kommt einem in den Sinn, angesichts des Wehklagens lokaler Funktionäre, wenn Milchbauern die Tiroler Filiale der Berglandmilch-Gruppe verlassen. Genau dies passiert eben wieder und sorgt im „heiligen Land“ für eine gewisse Aufregung. 17 Tirol Milch-Lieferanten haben gekündigt, 15 davon liefern ab Jänner 2022 zur Berchtesgadener Land im bayerischen Piding.

Für Berglandmilch-Aufsichtsratsvorsitzenden und Obmann der Tirol Milch Stefan Lindner sind die Molkereiwechsel nach Bayern schwer nachvollziehbar: „Im konventionellem Bereich geht es nur um wenige Cent beim Grundpreis. Der Almzuschlag relativiert sich durch die Saldierung.“ Zudem vermisse er die Solidarität zu Tirol. „Jeder Bauer kann natürlich seinen Abnehmer frei wählen, doch jeder abwandernde Betrieb tut weh. Die Berchtesgadener picken sich halt die großen Verarbeiter heraus“, so Lindner zu top agrar.

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Abholstrukturen in Tirol in Gefahr?

LK-Präsident und Abg. z. NR Josef Hechenberger sieht durch die Abwanderung größerer Betriebe die Milcherfassung in Gefahr. Die aktuellen Wechsler wären überwiegend größere Talbetriebe aus dem Vorhof der Berglandmilch-Betriebsstätte in Wörgl, so der LK-Mann. Früher oder später könnten die Transportkosten erhöht werden müssen. Als Alternative sieht Hechenberger größere Abholintervalle für entlegenere Höfe.

Diese Argumente brachten die beiden schon 2020 vor, als fünf Milchbauern aus St. Johann den Sprung nach Bayern wagten. Einer davon war Ex-LK Tirol-Vize Josef Heim (siehe top agrar Österrreich-Ausgabe 9/2020). Dieser wurde heuer vom Tiroler Bauernbund als BBK-Obmann prompt ausgetauscht*

Kein aktives akquierieren von der Berchtesgadener Land

Nach dem Exodus von knapp 200 Milchbauern aus dem Wipp- und Stubaital 2014 hatte es lange keine größeren Wechselbewegungen gegeben. Tirol Milch und Berglandmilch wähnten sich in Sicherheit. Grenznahe Milchbauern im Norden schielten aber schon lange auf die Berchtesgadener Land.

Die Molkerei in Piding gewinnt seit Jahren alle Milchpreisvergleiche, aktuell liegt sie netto 2,6 Ct/kg vor der Berglandmilch (siehe S. 10). Zudem hat sie eine extrem starke Marke aufgebaut und ist in bäuerlicher Hand. 16 % der aktuell verarbeiteten 300 Mio. kg Rohmilch kommen aus Österreich.

Wir wären selbst bei gleichem Milchpreis gewechselt - Thomas Bachler, Landwirt

„Aktiv akquiriert wurde und werde nicht“, so Molkereisprecherin Barbara Steiner-Hainz: „Wir bekommen immer wieder Anfragen aus Österreich, nehmen aber nur jene auf, die in bereits bestehende Touren passen.“ Dies bestätigen uns auch die Neo-Lieferanten Matthias Huber und Markus Schwaighofer. Für Huber brachte „der Berglandmilch-Einstieg in die Pflanzendrinks das Fass zum Überlaufen.“ Schwaighofer diente der Tirol Milch sogar lange als Funktionär und zieht ernüchternd Bilanz: „Seit der Fusion der Tirol Milch mit der Berglandmilch können wir Bauern intern gar nichts mehr bewegen.“

Zu den bereits nach Piding gewechselten sieben Betrieben zählen Thomas und Ursula Bachler. Sie bewirtschaften einen 80 Kühe-Betrieb in Fieberbrunn, im Sommer wechseln sie mit ihren Kühen für 120 Tage auf die Alm. Jahrelanges Unbehagen mit ihrer alten Molkerei hatte den Plan reifen lassen, die Berglandmilch zu verlassen (siehe untenstehendes Interview). Bereits im Erstkontakt mit Piding sahen sich die beiden „wirklich ernst genommen und wertgeschätzt“, so Thomas Bachler „Wir fühlen uns in Piding sehr wohl und wären selbst bei gleichem Milchpreis gewechselt. Dort kriegst du bei Fragen auch den Geschäftsführer direkt ans Telefon.“

Erster Wechsler: Bauchgefühl war richtig!

Was waren Ihre Beweggründe, mit Ihrer Milch nach Piding zu wechseln?

Bachler: Wir Milchbauern sind 365 Tage im Jahr mit Leib und Seele im Einsatz. Als konventioneller Silagebetrieb darfst du billig produzieren und abliefern. Da hab ich mich zusehends fehl am Platz gefühlt – und das ohne Aussicht auf Besserung. Bei der Berchtesgadener bist du Bergbauernbetrieb und erzeugst Premiummilch.

Die Entfremdung vom alten Abnehmer war ein längerer Prozess?

Bachler: Ja, schon. Die dauernden Preisschwankungen machten eine wirtschaftliche Planung fast unmöglich. Wenn man dann jeden Morgen das Gefühl hat, man arbeitet für den Falschen, muss man etwas ändern. Wenn man aber wechselt, ist das ein Schritt für Generationen und sollte ohne Wiederkehr sein. Wenn es geht, will man dann auch zu den Besten.

Der Wechsel lief ohne Probleme?

Bachler: Von meinem ersten zaghaften Anruf in Piding an hat die Chemie absolut gepasst. Es dauerte drei Jahre, aber wir fühlten von Anfang an: Da gehören wir hin! Geografisch machte es ohnehin Sinn. Von der Alm sehen die Kühe auf den Watzmann.

Welche Vorteile sehen Sie noch?

Bachler: Vollwertige Genossenschaftsmitgliedschaft ohne Zeitlimitierung, konstant bestes Milchgeld, ­perfekte Markenpflege und direkter Austausch mit der Molkereiführung.

Den Molkereiwechslern wird gar fehlende Solidarität vorgehalten, oder?

Bachler: Die so gern beschworene Solidarität ist schon seit Gründung der Bio- und Abfüllmarken verloren. Da bist du nur mehr Zulieferer und kein Teil des Ganzen mehr.

--

* Josef Heim teilte zwischenzeitlich in einer telefonischen Stellungnahme am 8.10. mit, dass er als BBK-Obmann nicht ausgetauscht worden sei. Vielmehr habe er sich nicht mehr der Wahl gestellt, da er sich aus Altersgründen nach und nach von all seinen Ämtern zurückziehe.

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