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Rechnet sich „Kalb rosé“?

Österreich exportiert viele Kälber, gleichzeitig wird aber sehr viel Kalbfleisch importiert. Um die Mast männlicher Milchrassekälber attraktiver zu machen, hat die Arge Rind das „Kalb rosé“-Programm aufgelegt. Wie rechnet es sich für die Bauern?

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: DI Gerhard Gahleitner, Agrarökonom in der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen (BAB) in Wien.

Seit 2000 haben sich die Kälberschlachtungen in Österreich auf 56.000 nahezu halbiert. Dafür gehen rund 45.000 heimische Kälber in den Export. Im Gegenzug ist der Kalbfleischimport explodiert. So kam 2020 Fleisch von über 85.000 Kälbern ins Land. Die Ursache dafür liegt darin, dass Kalbfleisch anderswo aufgrund der dort teils niedrigeren Tierwohlstandards billiger erzeugt werden kann.

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Dieser Entwicklung wollen die Rinder-Erzeugergemeinschaften nun gegensteuern. Mit der 2020 erarbeiteten Kalbfleischstrategie sollen mehr Kälber im Land gemästet und der Markt mit österreichischem Kalbfleisch beliefert werden. Damit dies gelingt, muss die Mast auch wirtschaftlich eine interessante Alternative sein.

Neue Mastanreize schaffen

Mit dazu beitragen sollen fixe Qualitätsstandards im Rahmen des Moduls „Qplus-Rind“ beim AMA-Gütesiegel. Als weiteren Anreiz soll es eine zusätzliche Förderung der Teilnehmer beim „Qplus“-Programm für Vollmilchkälber und der Erzeugung von Kalb rosé geben. Dies gestaffelt nach Tierbestandszahlen.

Dem Angebot an rosa Kalbfleisch muss auch eine entsprechende Nachfrage nach diesem Erzeugnis gegenüberstehen. Das bedeutet, es sind die Konsumenten von der dunkleren (rosa) Fleischfarbe auch zu überzeugen.

Qualitätsprogramme für Mast von Milchrassen

Die in der Vergangenheit stark schwankenden Preise für Schlachtkälber haben die Kälbermast wenig attraktiv gemacht. Für die Mast von Kälbern aus Milchrassen kommen folgende Qualitätsprogramme infrage:

  • Vollmilchkälbermast zur Erzeugung leichter Kälber (50 bis 70 kg Schlachtgewicht (SG), Maximalalter drei Monate)
  • Mast von Standard-Vollmilchkälbern (90 bis 120 kg SG und maximal vier Monate alt) und die
  • Erzeugung von „Kalb rosé“ (130 bis 190 kg SG bei einem Lebensalter von maximal acht Monaten).

Die Kernfrage beim Kalb rosé lautet: Wie wirtschaftlich ist diese wirklich?

So haben wir gerechnet

Berechnungsgrundlagen sind die Fütterungsempfehlungen und Preisauskünfte hinsichtlich Einstellkälber und Verkaufspreise für Mastkälber der Österreichischen Rinderbörse. So ist geplant, für Tiere im Rahmen des Qualitätsprogramms „Kälbermast rosé“ garantierte 4,50 €/kg SG (exkl. 13 % USt.) über alle Handelsklassen zu bezahlen.

Ein wesentlicher Parameter, ob diese Kälbermast wirtschaftlich ist, stellen die Tageszunahmen dar. In den Kalkulationen werden unterschiedliche Zuwachsleistungen von 1.050 bis 1.200 g pro Tag angesetzt (siehe Übersicht 1).

Bei gleichen Einstellgewichten und Lebensaltern der Tiere ändert sich aufgrund der unterschiedlichen Zunahmen das Schlachtgewicht zum Mastende bei einem gleichbleibenden Verkaufsalter von acht Monaten. Die bei höheren Tages­zunahmen erforderlichen Mehrmengen an Futtermitteln werden durch höhere Aufnahme von Maissilage erzielt. 

Die Verluste an Kälbern während der Mastperiode wurden generell mit 5 % der eingestellten Tiere angenommen.

Zur Ermittlung der Stallplatzkosten wurden Errichtungskosten von 2.000 € pro Platz bei 20 Jahren Nutzungsdauer angesetzt. Der Arbeitszeitbedarf wurde mit sieben Stunden pro Kalb angenommen. Die Ergebnisse der Kalkulationen verstehen sich inklusive USt. und je eingestelltes Kalb.

Wirtschaftlichkeit hängt von Tageszunahmen ab

Übersicht 2 zeigt deutlich, wie stark die Wirtschaftlichkeit von den erzielten ­Tageszunahmen (TZN) abhängt. Der Deckungsbeitrag je eingestelltes Kalb steigt von 192 € bis auf 266 € je Kalb an. Je Stück beträgt der Unterschied 74 €. Bei 1,7 Umtrieben pro Jahr ergibt das einen jährlichen Deckungsbeitragsunterschied von rund 126 € pro Mastplatz und Jahr.

Nach Abzug der Fixkosten (Abschreibungen für Stall und Maschinen, Instandhaltung und Gebäudeversicherung, Gemeinkosten) sowie der kalkulatorischen Kosten (Lohnansatz, Verzinsung des eingesetzten Kapitals und Pachtansatz für die erforderliche Silomaisfläche) ermittelt sich ein kalkula­torischer Gewinnbeitrag von - 30 € bis + 40 € pro Kalb.

Das heißt, dass bis Tageszunahmen von 1.100 g der angesetzte Lohnansatz für die eingesetzte Arbeitszeit (15 €), die Verzinsung des eingesetzten Kapitals (2,5 %) bzw. der Pachtansatz für Fläche (350 €/ha Silomaisfläche) nicht zur Gänze entlohnt werden kann. Ein positives Einkommen aus dem Betriebszweig „Kalb rosé“ wird in allen Varianten erzielt – der Einkommensbeitrag liegt bei allen vier angesetzten Tageszunahmen zwischen 100 und 173 €/Kalb.

Schlachtpreise wichtig für Entlohnung

Neben den Tageszunahmen wird die Wirtschaftlichkeit noch von einer Reihe weiterer Faktoren beeinflusst. Einige dieser Faktoren werden in Übersicht 3 mit den Auswirkungen auf den kalkulatorischen Gewinnbeitrag dargestellt.

Der wichtigste Parameter für eine angemessene Entlohnung der eingesetzten Produktionsfaktoren ist der Schlachtpreis. Hervorragende Schlachtkörperqualitäten, aber auch gute Absatzmöglichkeiten als Voraussetzung für zufriedenstellende Preise sind notwendig. Dies kann unter anderem durch eine bedarfsgerechte Fütterung in Kombination mit entsprechend frohwüchsigen Kälbern für hervorragende Qualitäten (hinsichtlich Handelsklasse und Fettklasse) erreicht werden. Nicht zuletzt müssen die Konsumenten vom rosafarbenen Fleisch überzeugt werden.

Schlachtpreisänderungen um ±0,1 € je kg SG (exkl. 13 % USt.) bewirken Änderungen in den Ergebnissen um etwa ±16,70 bis 18,50 € je Kalb. Weiters ist entscheidend, wie die noch jungen Kälbern die kritische Phase des Betriebswechsels überstehen (Kosten für Tierarzt und Medikamente).

Ändern sich die Tierverluste um nur ±1 Prozentpunkt, so verschlechtert oder verbessert sich die Wirtschaftlichkeit der Erzeugung von Kalb rosé um 6,20 bis 7,10 € je Kalb.

Der Anteil der Kosten für Futtermittel an der Summe der variablen Kosten beträgt im Durchschnitt rund 60 %. Können durch Einkauf größerer Mengen oder Ausnutzung von Skonti/Rabatte bzw. 5 % des Kraftfutterpreises eingespart werden, bewirkt dies eine Steigerung des Deckungsbeitrags bzw. kalkulatorischen Gewinnbeitrags von gut 16 € je Kalb.

In Abhängigkeit des Technisierungsgrades und des Tierbestandes kann sich der Arbeitszeitbedarf je Tier ändern. Bei der angesetzten Entlohnung für die eingesetzte Arbeitsstunde von 15 € ändert sich gleichermaßen der kalkulatorische Gewinnbeitrag um 15 € je zusätzlicher/eingesparter Arbeitsstunde.

Kalb rosé hat Potenzial

Das „Rosé“-Programm kann bei entsprechendem Absatz eine gute zusätzliche Einkommensquelle sein. Etwa als Alternative zum Verkauf der jungen männlichen Milchrassekälber für den Export.

Unter den aktuellen Bedingungen lässt sich bei guter Produktionstechnik und professionellem Management eine gute Entlohnung des eingesetzten Kapitals und der Arbeitszeit erzielen. Vo-raussetzung hierfür sind u.a. hohe Tageszunahmen bei zielgerichteter Fütterung, guter Gesundheitsstatus der Tiere sowie möglichst geringe Tierverluste.

Auch das Wachstumspotenzial der Einstellkälber in Kombination mit guten Schlachtkörperqualitäten bei guter Gesundheit ist entscheidend.

Nur vereinzelt eigene Nachzuchttiere zu mästen und verkaufen, wird sich nicht lohnen. Ein gewisser Produktionsumfang dieses Betriebszweiges ist daher sinnvoll, um entsprechende Größenvorteile bei Fixkosten bzw. kalkulatorischen Kosten entsprechend nutzen zu können. Allfällige Förderungen der „Kalb rosé“-Mast im Rahmen des Qplus-Programms könnten die Wirtschaftlichkeit zusätzlich verbessern.

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