Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Aus dem Heft

Was mehr Tierwohl in der Schweinehaltung zusätzlich kostet

Die Gesellschaft fordert höhere Tierwohlstandards in der Schweinehaltung. Doch wie hoch sind die Mehrkosten dafür? Eine aktuelle Studie gibt Antworten.

Lesezeit: 8 Minuten

Immer mehr Bauern denken darüber nach, ihre Schweine im Rahmen von Labelprogrammen mit höheren Tierwohlstandards zu vermarkten. Schließlich winken dafür Preiszuschläge. Gleichzeitig erhoffen sie sich auch ein besseres Image in der Bevölkerung. Bevor Landwirte aber viel Geld in mehr Tierwohl investieren, sollten sie sich unbedingt die Frage nach den Mehrkosten stellen. Wie hoch diese sind, hat jetzt die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik erhoben.

Analyse von zwölf Betrieben

Das Wichtigste zum Thema Schwein mittwochs per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Dazu wurden zwölf österreichische Betriebe mit im Schnitt 617 Mastplätzen analysiert. Auf sieben Betrieben betrug das Platzangebot für die Endmast pro Schwein 1,4 m², in den anderen fünf Betrieben zwischen 1,06 und 1,2 m². Bei allen zwölf Betrieben konnten die Schweine jederzeit einen Außenbereich aufsuchen und überall wurde Stroh ­angeboten: In drei als Tiefstreu (von 38 kg bis 52 kg pro Tier) und in neun Betrieben als Beschäftigungsmaterial und Rohfaserergänzung (von 2 kg bis 13,4 kg pro Tier). Neun Betriebe bauten den Stall neu, meist als Folge eines Tierwohlprogramms. In drei Betrieben wurde der bestehende Stall umgebaut.

Insgesamt wurden nachfolgende Systeme verglichen:

Basis: Ein Vollspaltensystem mit 0,7 m² pro Schwein in der Endmast, das den Anforderungen der 1. Tierhaltungsverordnung entspricht.

eST: Der erweiterte Standard verfügt über ein höheres Platzangebot von 0,9 m² pro Mastschwein. Ansonsten gibt es keine Unterschiede zum gesetzlichen Mindeststandard.

TW-1: Tierwohlstandard-1 mit einem Platzangebot von 1,1 m², davon 0,6 m² planbefestigt, getrennter Liege-, Fress- und Aktivitätsbereich, Einstreu und Auslauf.

TW-2: Tierwohlstandard 2 basiert auf den Vorgaben der Marke „Hütthalers Hofkultur“ eines Fleischverarbeiters mit Premiumlabel in Oberösterreich: Doppeltes Platzangebot von 1,4 m² mit getrenntem Liege-, Fress- und Aktivitätsbereich, Einstreu, Auslauf, Verbot des Schwanzkupierens und der betäubungslosen Kastration, gentechnikfreie Fütterung.

Mehrkosten: 6 bis 50,5 €/kg SG

Die Mehrkosten von höheren Tierwohlstandards wurden für einen Neubau mit 500 Mastplätzen kalkuliert. Die variablen Kosten für den gesetz­lichen Mindeststandard basieren auf dem Internet-Deckungsbeitrag (IDB) der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen bei 800 g Tageszunahmen, einem Schlachtgewicht von 96 kg, und 2,83 Umtrieben.

Die Berechnungsergebnisse zeigen eine große Streubreite bei den Mehrkosten je nach Ausgestaltung des Tierwohlstandards in der Schweinehaltung (siehe Übersicht 1). Beim erweiterten Standard, bei dem 0,2 m² mehr Platz bei sonst gleicher Ausgestaltung im Vergleich zur Basis angeboten werden, erhöhen sich die Gesamtkosten um rund 6 Ct pro kg Schlachtgewicht (SG). Ursache dafür sind die höheren Baukosten und die etwas höhere Arbeitszeit.

Der Außenklimastall mit 1,1 m² und etwas Stroheinstreu (TW-1a) steigert die Kosten um knapp 8 Ct/kg SG, vor allem auch wegen höherer Gebäudekosten. Deutlich höhere Kosten errechnen sich für diesen Tierwohlstandard, wenn Stroh als Tiefstreu angeboten wird (TW-1b): Sie erhöhen sich um 22,6 Ct/kg SG. Alleine die Mehrkosten für die Einstreu (Stroh, Gebäude, Technik) ohne zusätzliche Arbeitszeit be­laufen sich hier auf 12,5 Ct/kg SG.

Mehrkosten von knapp 35 Ct/kg SG berechnen sich für die Tierwohlvariante mit einem Platzangebot von 1,4 m², geringem Stroheinsatz und weiteren Auflagen zur Fütterung und höheren Ferkelkosten (TW-2a). Wird diese Option mit Tiefstreu betrieben (TW-2b), er­höhen sich die Kosten zusätzlich um knapp 16 Ct auf 50,5 Ct/kg SG.

Förderung senkt Mehrkosten

Die bisher berechneten Mehrkosten berücksichtigten keine öffentlichen Gelder für höhere Tierwohlstandards. Übersicht 1 zeigt auch die Mehrkosten gegenüber dem gesetzlichen Mindeststandard nach Abzug von Investitionszuschüssen und der ÖPUL-Prämie für Stallhaltung.

Investitionen in Tierwohlsysteme mit mindestens 1,1 m² pro Mastschwein, davon 0,6 m² planbefestigt und mit Stroheinstreu, werden künftig mit einem Investitionszuschuss von 35 % der Netto-Anschaffungskosten unterstützt. Zudem wird die Obergrenze der ­an­rechenbaren Investitionskosten um 120 000 € auf 520 000 € erhöht.

Für den erweiterten Standard mit 0,8 m² pro Mastschwein beträgt der ­Investitionszuschuss 20 %. Die Obergrenze für die anrechenbaren Investi­tionskosten erhöhen sich ebenso auf 520 000 €. Neubauten von Ställen mit 0,7 m² Platzangebot und Vollspalten werden ab 2022 nicht mehr gefördert.

Darüber hinaus gibt es schon im österreichischen Umweltprogramm für die Periode 2015 bis 2022 eine finan­zielle Abdeckung der zusätzlichen variablen Kosten für die Maßnahme „Tierwohl Stallhaltung“. Unter Einhaltung bestimmter Auflagen werden 65 €/GVE und Mastplatz pro Jahr ausbezahlt, was 7,18 Ct/kg SG entspricht.

Auf Basis der Regelungen für den ­Investitionszuschuss in Österreich ab 2021/22 errechnet sich je nach Variante ein Investitionszuschuss von 4,17 Ct/kg (eST) bis 8,43 Ct/kg SG (TW-2a). Die Mehrkosten reduzieren sich nach Einrechnung der öffentlichen Gelder markant, und zwar um 68 % (eST), 62 % (TW-1b), rund 45 % (TW-2a) und um 31 % (TW-2b). Somit verbleiben je nach Berechnungsvariante zwischen knapp 2 Ct/kg (eST) und rund 35 Ct/kg als Mehrkosten.

Gewinn von 6,61 Ct/kg möglich

Bei der Tierwohlvariante mit 1,1 m² Platzangebot und Stroh als Beschäftigungsmaterial (TW-1a) übersteigen die öffentlichen Gelder die vorhin errechneten Mehrkosten von knapp 8 Ct/kg. Das heißt, bei dieser Variante würde sich unter Einrechnung von Investitionszuschuss und ÖPUL-Prämie für die Stallhaltung das Betriebsergebnis erhöhen (exakt um 6,61 Ct/kg).

Beim Programm von Hütthaler (Basispreis mindestens 1,30 €/kg SG) müssen neben den öffentlichen Geldern auch folgende Zuschläge einberechnet werden:

• Der Hofkultur-Tierwohlaufschlag: 32,5 Ct/kg (der gesamte Hofkultur-Zuschlag wird auch dann bezahlt, wenn die AMA-Gütesiegelbedingungen nicht erreicht werden)

• GVO-freie Fütterung: 9 Ct/kg

• AMA-Gütesiegel: 4,8 Ct/kg

Mit 46,3 Ct/kg liegt das Betriebsergebnis somit mehr als 10 Ct über den Mehrkosten abzüglich Fördergeldern.

Landwirte sind zufrieden mit ihren Tierwohlställen

In den Betriebserhebungen wurden auch die Erfahrungen der Landwirte mit ihrem Tierwohlsystem ermittelt. Der Tenor war eindeutig: Alle Landwirte sind zufrieden bis sehr zufrieden und nannten zahlreiche Vorteile von Tierwohlsystemen: Viel frische Luft, viel Licht, lebendige und gesunde Tiere, kaum Probleme beim Umstallen und Verladen, geringe Energiekosten, mehr Arbeitsfreude und Selbstbewusstsein durch höhere gesellschaftliche Akzeptanz. „Stroh taugt den Leuten!“, so die Aussage eines Landwirts.

Nachteile und Herausforderungen wur­­den ebenso angesprochen. Diese betreffen die Staubentwicklung durch das Stroh, mehr Arbeit oder die schwierigere Steuerung des Stallklimas. Damit solche Systeme funktionieren, braucht es somit Engagement, Kompetenz im Umgang mit den Tieren und individuelle Lösungen, so die Meinung der Landwirte.

So wurde gerechnet: Kosten mit großer Streuung

Die wesentlichen Grundlagen zur Berechnung der Kosten finden Sie in Übersicht 2. Dabei sind aber nur jene angeführt, die sich zwischen den Berechnungsvarianten unterscheiden. Die Kosten für die Ferkel werden in der Tierwohlvariante 2 um 15 € pro Mastschwein (MS) höher angesetzt. Für die Kastration unter Betäubung wurden laut den Betriebserhebungen 6,30 €/MS und für den höheren Aufwand bei der Haltung von nicht kupierten Ferkeln 8,70 € verrechnet.

Die Futterkosten erhöhen sich in der Tierwohlvariante 2 aufgrund von höheren Sojakosten als Folge der gentechnikfreien Fütterung. Die Energiekosten werden für die beiden Tierwohlvarianten aufgrund der fehlenden Zwangs­belüftungssysteme niedriger angesetzt als beim gesetzlichen Mindeststandard oder dem erweiterten Standard.

Für die Tierwohlvarianten wird die Strohmenge laut den Betriebserhebungen differenziert: 7 kg/MS Stroh als Beschäftigungsmaterial, welches entweder über Raufen oder durch Handeinstreu angeboten wird (TW-1a, TW-2a), bzw. 46 kg/MS, wenn der Stall als Tiefstreustall ausgeführt wurde (TW-1b/2b). Der Strohpreis frei Hof exklusive Lagerung leitete sich vom IDB ab. Pro Tonne werden 118,30 € verrechnet.

Für die Tierwohlvarianten mit Stroh als Tiefstreu müssen variable Kosten für einen Hoftraktor, der den Strohtransport und die Festmistausbringung in der Innenwirtschaft bewerkstelligt, berücksichtigt werden (12,44 €/h). Die variablen Kosten der Wirtschaftsdüngerausbringung unterscheiden sich laut IDB zwischen Gülle und Festmist.

Stallkosten von 900 bis 1 286 €

Die Stallplatzkosten unterscheiden sich vor allem wegen des unterschiedlichen Platzangebots für die Tiere. Für den gesetzlichen Mindeststandard werden 900 € pro Mastplatz inkl. USt. veranschlagt, für den erweiterten Standard 1 080 €. Ebenso mit 1 080 € wird für die Tierwohlvariante 1 gerechnet. Dieser Wert leitet sich zum einen aus Firmenangaben (im Durchschnitt 800 € exkl. USt.) und zum anderen aus den Betriebserhebungen ab.

Für die Tierwohlvariante 2 errechnen sich aufgrund des höheren Platzangebots 1 286 € pro Mastplatz (keine Kostensteigerung für Güllelagerung und Fütterungstechnik). Bei Tiefstreu werden die Kosten dabei um 60 € geringer angesetzt (niedrigere Kosten einer Festmistplatte gegenüber einem Güllelager). Die Stallungen werden auf 20 Jahre abgeschrieben, der Zinssatz beträgt 2,3 %, für Instandhaltung und Versicherung werden 1,0 % bzw. 0,3 % der Anschaffungskosten verrechnet. Weitere Investitionen bei höheren Tierwohlstandards werden für ein Strohlager, einen Hoftraktor inkl. Zubehör für die Stroh- und Mistmanipulation und für einen Miststreuer berücksichtigt.

Die notwendige Arbeitszeit für die unterschiedlichen Stallsysteme basieren zum auf den Betriebserhebungen, aus Datensammlungen und der Literatur.

Mehr Tierwohl, mehr Arbeit

Für den gesetzlichen Mindeststandard werden 0,40 AKh/MS verrechnet, für den erweiterten Standard 0,46 AKh/MS, weil diverse Arbeiten durch das größere Platzangebot etwas aufwen­diger werden. Für die beiden Tier­wohlsysteme (TW-1/2) werden zum einen Zuschläge für das Sauberhalten der planbefestigten Flächen inklusive Mehr­arbeit beim Reinigen der Ställe verrechnet. Zum anderen wird die Mehrarbeit für die Einstreu berücksichtigt, wobei zwischen der Strohmenge differenziert wird.

Überdies werden für die zusätzliche Beobachtung bei unkupierten Tieren Aufschläge festgelegt. Für den kalku­latorischen Unternehmerlohn wurden 17,30 €/Stunde angesetzt. Dieser Wert leitet sich vom Lohnansatz der Schweinemastbetriebe im Rahmen des Grünen Berichts 2020 ab.

Unsere Autoren: Dr. Leopold Kirner und Dr. Bernhard Stürmer (Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien), Martina Gerner (LK NÖ)

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.