Welche neuen Entwicklungen bietet die Landtechnik in der Bodenbearbeitung, Saat und Pflanzenschutz?
Einen Überblick über die neuesten Trends im Bereich der Technik u.a. für Bodenbearbeitung, Aussaat und Pflanzenschutz gaben Experten beim Fachtag Landtechnik der Wintertagung 2020.
Bodenbearbeitung: Trend zu ultraflach
„Bei der Stoppelbearbeitung geht der Trend hin zur ultraflachen Bodenbearbeitung, um als Glyphosatersatz dienen zu können“, so Dr. Beat Vinzent vom Institut für Landtechnik an der LFL Bayern. „Auch wenn der Pflug vielleicht etwas aus der Mode gekommen ist, ohne die wendende Bearbeitung geht es dennoch nicht“, erklärte er weiters. Bei der Pflugtechnik habe es schon vor 20 Jahren die ersten Ansätze für eine Isobus-Steuerung gegeben. Aber erst 2015 kam Lemken mit dem ersten praxisrelevanten System auf den Markt. Dieses macht es möglich, den Pflug vom Traktor aus einstellen zu können. „Dieses System bringt eine Sprit-Einsparung von 10 l pro Hektar, damit rechnet es sich in ein paar Jahren“, so Vinzent.
Kuhn bietet seit kurzem darüber hinaus mit dem „Smart ploughing“ eine elegante Lösung des Pflügens an, erklärte Vinzent. Das System übernimmt beim Pflug das Drehen, Ausheben, die Einstellung der Schnittbreite und der Arbeitstiefe. Per GPS können die Pflugschare auch ausheben.
Vinzent ging in seinem Vortrag weiters darauf ein, dass der Pflug durch den Klimawandel mit Starkregenereignissen und Trockenheit im Nachteil sei. „Die Förderung der Infiltrations-, Speicher und Dränfähigkeit der Böden gewinnt an Bedeutung“, so Vinzent. „Mulchende Bestellverfahren fördern diese Bodenfunktionen mehr als wendende Bodenbearbeitung.“
Inzwischen gebe es auch genügend gut funktionierende Technik für die nichtwendende Bearbeitung, mit verschiedensten Nachläufern und Bearbeitungswerkzeugen. Als Beispiel nannte Vinzent Väderstads Point Matrix, ein Auswahlschema mit weit über 10 verschiedenen Scharen. Auch bei nicht wendender Bodenbearbeitung nehme zudem der Einsatz von Elektronik zu.
Sätechnik: Trend zur Automatisierung
„Die Zahl der Betriebe in Österreich ist seit Ende der 90er Jahre um über 30% gesunken. Gleichzeitig ist die Betriebsgröße um 20 % gestiegen“, so Karl Mayböck, Vertriebsleiter Süd von Kverneland, in seinem Referat über die Trends in der Sätechnik. Daraus ergebe sich Notwendigkeit einer „Landwirtschaft 4.0“. Die wichtigsten Bausteine der Landtechnikindustrie für Landwirtschaft 4.0 seien
- Lenksysteme,
- Maschinensteuerung und Überwachung (GPS),
- Dokumentation und Auswertung,
- Applikationskarten und Robotik.
In der Sätechnik sieht Mayböck einen Trend hin zu Systemen mit Sensor. Dafür sei allerdings eine „irrsinnige Busleistung erforderlich“, so der Kverneland-Mitarbeiter. „Dennoch gibt es schon verkaufsfähige Lösungen, mit denen punktgenau gesät werden kann“.
Bei den Aussaatverfahren für Getreide und Raps kommen laut Mayböck neben der klassischen Kreiseleggen-Drillkombination immer häufiger auch Mulchsaattechnik (Universaldrillmaschinen) mit Möglichkeit zur Kombinierten Aussaat und Düngung sowie die Einzelkornsätechnik zum Einsatz. Besonders beim Raps und Zwischenfrüchten gebe es darüber hinaus auch Technik für die kombinierte Grundbodenbearbeitung und Aussaat.
Beim Raps sei für die Einzelkornsaat der Einsatz von gleichmäßigem Saatgut erforderlich. Das System bringe grundsätzlich folgende Vorteile:
- Reduzierung der Aussaatstärke,
- perfekte Saatguteinbettung,
- bessere Standraumverteilung,
- mehr Leistung in der Grundbodenbearbeitung.
Sowohl beim Raps als auch beim Getreide bringe die Einzelkornsaat leicht höhere Erträge als die Drillsaat. Mayböck zitierte zehnjährige Versuchsergebnisse der DLG, wonach der Ertragsvorteil bei Roggen 4% und bei Weizen 3% ausmachte. Allerdings seien bei diesem Verfahren nach wie vor Fragen offen, wie z.B.: Wie genau muss es sein? Wie sind Düngung und Pflanzenschutz anzupassen? Was sind die Herausforderungen an das Saatkorn? Entsprechend sei hier noch Forschungsbedarf.
Und Mayböck informierte auch über die Einzelkornsaat mit GPS-Unterstützung. Sein Fazit zu dieser Technik: „Sie kann sich säen lassen.“ Schließlich informierte der Fachmann auch über das zweidimensionale Aussaatverfahren. Das Geoseed genannte Verfahren wurde auf der Agritechnica mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Bei diesem System werden die Saatkörner von Reihe zu Reihe synchronisiert zweidimensional abgelegt.
Pflanzenschutz: Kombi aus mechanisch und chemisch
„Im Pflanzenschutz sind die meisten Betriebe derzeit entweder auf chemischen Pflanzenschutz oder mechanischen Pflanzenschutz eingerichtet. Dabei können sich beide gut ergänzen“, so Roman Braun, Agrarberater beim Maschinenring Oberösterreich, in Wieselburg. Im chemischen Pflanzenschutz stehen unsere Betriebe laut Braun vor dem zunehmenden Problem, dass es immer weniger Wirkstoffe gibt. Verstärkt werde dies durch zunehmende Resistenzen. Deswegen sei es wichtig, beim Spritzen eine gute Benetzung zu erreichen. Der Dreifachdüsenkopf mit Doppelflachstrahldüsen sollte deshalb zur Standardausrüstung gehören.
Wichtig sei darüberhinaus eine automatische Gestängeführung, „damit der Abstand zur Behandlungsoberfläche eingehalten wird“. Für die Mitnahme der Mittel sollte eine verschließbare Transportbox für Pflanzenschutzmittel vorhanden sein.
In die Praxis Einzug halten in jüngster Zeit immer häufiger die GPS Teilbreitenschaltung, Beleuchtung für Nachteinsätze, Behälterinnenreinigung und eine automatische Gestänge-Führung. Ebenfalls am Markt, aber noch nicht so verbreitet, sind laut Braun das Druckumlaufsystem, die Einzeldüsenabschaltung sowie die teilflächenspezifische Ausbringung.
In punkto mechanische Unkrautbekämpfung ging Braun auf wie er es nennt alte Technik in neuen Kleidern ein: Dazu zählen laut dem MR-Fachmann zuerst einmal die Hackstriegel, die reißen und zudecken. Die Rotorhacke ist laut Braun eine Mischung aus Striegel und Rollenhackgerät. Sie leiste gute Arbeit vor allem bei Verkrustungen. Hackgeräte scherren aus und decken zu, so Braun.
Immer mehr Anbieter bieten die Geräte mit elektronischer Steuerung an. Hierbei wird das Gerät seitlich über einen Schieberahmen oder einen Schwenkrahmen verschoben. Dies ist auch mit hydraulischer Seitenstrebe vom Traktor aus möglich. Die Lenkung wird entweder über GPS über RTK-Signal oder per Kamera gesteuert. In naher Zukunft sieht Braun auch Roboter hacken , die auch innerhalb der Reihe hacken können.
Die Flämmtechnik kommt laut Braun vor allem in Reihenkulturen in Frage, besonders auf abschwemmungsgefährdeten Böden. In der elektrischen Unkrautverbrennung gebe es laut dem Fachmann noch wenig Erfahrung. Allerdings sei hier der Energieaufwand für die Stromproduktion sehr hoch.
Schließlich ging Braun noch auf den Sichelmäher „Ökotwister“ der Fa. Lehner Landtechnik aus Weißkirchen ein. Mit dem im Frontanbau, über Zapfwelle betriebenen Gerät können samentragende Unkräuter abgemäht werden, die über die Ernte reichen.
torsten.altmann@topagrar.at