Direkt an der Grenze zu Tschechien hat sich Daniela Wintereder in der Gemeinde Wildendürnbach ihren Lebenstraum verwirklicht. Gemeinsam mit ihren drei Söhnen bewirtschaftet sie die BOA Farm („Best of Austria“) auf 300 ha mit 600 Rindern, davon 200 Mutterkühe der Rassen Aberdeen Angus und Galloway.
365 Tage im Jahr draußen
Nach amerikanischem Vorbild leben die Tiere dort das ganze Jahr über draußen: im Sommer auf der Weide und im Winter auf großen Paddocks (35 m2 pro Tier). Das gigantische Rechteck aus Paddocks wird längs durch einen Weg halbiert, an dem beidseitig betonierte Futtertröge die Parzellen begrenzen. Rund vier Meter hohe Spaceboards dienen als Windschutz und äußere Abgrenzung. Unterstellen können sich die Rinder unter großen, freitragenden Schattendächern.
Den enormen Bedarf an Weide im Sommer sowie Winterfutter und Stroheinstreu geben die vorhandenen Flächen des Biobetriebs mit den geringen Niederschlagsmengen von 420 mm im Jahr nicht her. Daher arbeitet Familie Wintereder mit einem biologisch wirtschaftenden Ackerbaubetrieb mit 1.720 ha in der Nachbarschaft zusammen. Von ihm bekommt die BOA-Farm Futtermittel und Stroh und liefert im Gegenzug Mist und Teile der anfallenden Gülle. Eine Win-Win-Situation für beide Betriebe.
Selektion nach Leistung und Temperament
Für die rund 200 Kühe stehen mehrere Stiere aus verschiedenen Zuchtlinien zum Decken bereit. Daniela setzt dabei auf Genetik aus Kanada, den USA und Australien. „Ich möchte damit die idealen Tiere für meinen Standort züchten. Mein Ziel ist eine mittelrahmige, aber leistungsstarke und effiziente Kuh. Eine gute Grundfutterverwertung, moderate Geburtsgewichte und ein guter Charakter sind mir wichtig“, erklärt sie.
Mit der Geburt startet ein strenger Selektionsprozess: Standardmäßig werden alle Tiere direkt nach der Geburt, nach 200 und nach 365 Tagen gewogen. Bei jeder Wiegung gibt es Selektionsgrenzen. Zum Beispiel dürfen bei den Geburtsgewichten nur Tiere unter 40 kg bei den Stierkälbern und unter 38 kg bei den Kuhkälbern in den weiteren Zuchteinsatz. Ein großer Teil der männlichen Kälber wird kurz nach der Geburt kastriert.
„Beim Absetzen der Kälber werden zusätzlich die Gewichte der Kuh ermittelt“, berichtet die Rinderzüchterin. „Das Verhältnis von Absetzgewicht zu Kuhgewicht ist maßgeblich für die Bewertung der Kuh.“ Bei der Wiegung nach zwölf Monaten wird bei den Stierkälbern auch der Hodensackumfang gemessen. Mindestens 34 cm Umfang sind Voraussetzung, um ein Zuchtstier zu werden. Alle Jungstiere, die dann noch im Rennen sind, werden zum Abschluss genomisch getestet. Die weiblichen Absetzer, die alle Zuchthürden überwunden haben, bekommen die besten Weideflächen, um ihr Entwicklungspotenzial auszuschöpfen. Ausselektiert werden später alle Kühe, die beim 9-wöchigen Deckeinsatz nicht trächtig werden. Die Trächtigkeitsuntersuchung erfolgt bei Kühen über die Milch und bei Kalbinnen über das Blut.
„Mit der Fruchtbarkeit und der Funktionalität der Rinder beginnt die Selektion auf die Wirtschaftlichkeit. Die Tiere müssen mit unserem Standort und der Futtersituation zurechtkommen“, sagt Daniela, die am Betrieb für das Herdenmanagement, die Tierbetreuung, Selektion und Zucht verantwortlich ist. Ein in Vollzeit angestellter Arbeiter kümmert sich um alle täglichen Arbeiten wie Füttern, Einstreuen, Zäunebauen etc. Danielas Söhne erledigen die Außenwirtschaft.
Eigener Schlachthof
„Vor zehn Jahren haben wir einen hofeigenen EU-Schlachthof mit besonders viel Kühlkapazität errichtet, um eine entsprechende Reifung zu ermöglichen. Wir verarbeiten rund 150 Tiere im Jahr“, erzählt Daniela Wintereder. Einmal pro Woche wird geschlachtet. Ein Fleischer in Vollzeit kümmert sich um die Schlachtung und Zerlegung der Tiere. Die Vermarktung steht auf drei Standbeinen: direkt ab Hof, an die Gastronomie – hauptsächlich in Wien und NÖ – und über eine langjährige Partnerschaft mit einer Wiener Fleischerei.
„Unsere Kunden schätzen die besondere Qualität vom Angus Beef, die besonders gute Marmorierung, die Zartheit, den intensiven Geschmack und die Tatsache, dass von der Geburt bis zur Schlachtung alles stressfrei bei uns am Hof passiert“, berichtet die Landwirtin. „Inzwischen haben wir einen großen Bedarf an Ochsen und Kalbinnen. Je besser die Fleischvermarktung funktioniert, umso stärker und kompromiss-loser kann ich selektieren. Vermarktung und Zucht befruchten sich also gegenseitig!“
Die Zucht aber ist Danielas größte Leidenschaft. „Der internationale Austausch mit Züchtern aus aller Welt ist fast wie eine große Familie.“